„Manchmal muss man einfach machen“

„Manchmal muss man einfach machen“
Eigentlich wollte Tabae Böwer gar nicht nach Ghana - "Ich bin hier jetzt aber so glücklich", so die Freiwillige. Bild: privat

Tabea Böwer kommt aus Lathen im Emsland. Derzeit ist sie als Freiwillige in Ghana: Sie lebt im Dorf Adankwame, nicht weit entfernt von Kumasi, der mit 3,5 Millionen Menschen zweigrößten Stadt des Landes. Für ihren Auslandsfreiwilligendienst war Ghana eigentlich der Plan B – mit dem sie jetzt aber sehr glücklich ist. Im Text beschreibt sie ihre persönlichen Eindrücke von Land und Leuten.

Ghana war, ehrlich gesagt, mein Plan B. Eigentlich wollte ich nach Botswana. Aber jetzt bin ich soo glücklich, dass ich doch die Monate meines Freiwilligendienstes hier verbringen kann. Ich werde jede Sekunde missen, wenn ich wieder zurück in Deutschland bin.

Auf meiner Freiwilligenstelle arbeite ich montags, mittwochs und freitags in einer Bücherei. Dort lese und lerne ich mit den Kindern, um ihnen die englische Sprache näher zu bringen, ihr Wissen zu erweitern und um ihnen teilweise auch das Lesen zu lehren. Mittwochs und freitags unterrichte ich in der Schule Creative Arts. Jeden Dienstag arbeite ich im Safe-Child Advocacy Project. Das Projekt ist in drei Zentren aufgeteilt. Dem DayCare-Center, in dem junge Kinder (meist von Marktarbeiterinnen) tagsüber aufgenommen werden, dem Trainings-Center, in dem junge (meist aus dem Norden geflohene) Frauen zu Hairstylistinnen oder Schneiderinnen ausgebildet werden und dem Collection-Center, in dem ich arbeite. Dort leisten wir Aufklärungsarbeit mit jungen Mädchen, die in Kumasi für wenig Lohn als Trägerinnen arbeiten. Die meisten, etwa 90 Prozent, mussten aus ihrer Heimat im Norden fliehen.

Weitere Infos

Tabea Böwer hat ihre Zeit in Ghana über das Programm „Freiwilligendienst im Ausland“ des Bistums Osnabrück organisiert. Wer sich dafür auch interessiert, kann sich hier informieren. Bewerbungsschluss ist immer Mitte Oktober für das dann kommende Jahr.

Noch mehr Texte von Menschen aus dem Bistum Osnabrück, die es in die Ferne zog, finden Sie hier

In all den Monaten habe ich gelernt, Dinge nicht direkt zu bewerten, sondern abzuwarten und zu hinterfragen. Oft wird die Situation aus anderen Blickwinkeln viel klarer, man lernt dazu und versteht das Handeln des Anderen viel besser, egal ob positiv oder negativ.

Und ich habe gelernt, viel geduldiger zu sein: Als Tony, mein Mentor, und ich uns eine Stunde zu spät zu einem Treffen aufgemacht hatten, fuhr ein Auto vor uns. Auf diesem war ein großer Sticker „NO HURRY IN LIFE“ (Keine Eile im Leben), von dem Tony dann freudestrahlend ein Foto gemacht hatte. Angekommen wurde das Foto gezeigt und gelacht. Natürlich ist zu spät kommen nicht immer das Beste, aber ab und an passiert es mal und jeder hat seine Gründe. Im Endeffekt drüber zu lachen, anstatt genervt zu sein, macht die Situation um einiges entspannter.

Ein Eindruck von der Einsatzstelle von Tabea Böwer in Ghana

Manchmal muss man einfach machen. Tony hat mich dazu des Öfteren ermutigt, denn er meinte, sonst würde ich Ghana nicht genießen. Grübel nicht dauernd, ob es okay wäre oder nicht. Vertrau auf dich und dein Handeln. Wenn es falsch ist, wird es dir bestenfalls gesagt oder du bemerkst den Fehler und lernst daraus. Wer keine Fehler macht, lernt auch nicht. Der dauernde Stress im Kopf belastet wahrscheinlich mehr als der vielleicht entstandene Fehler.

Als Tipp fürs Reisen gebe ich mit: Ein Land und die Kulturen sind so vielfältig! Lass dich darauf ein und du kannst vieles lernen. Kulturen unterscheiden sich und du wirst mit Sicherheit auf Kulturschocks treffen, doch das ist gut so. Umso schöner wird das Gefühl, wenn du merkst, angekommen zu sein und die Schocks für dich zur Normalität werden. Beispiel: Die Kommunikation verläuft hier teils indirekter als in Deutschland. Dies macht Situationen für mich teilweise erschwerter und komplizierter, da sie anders sind, als gewohnt. Direktheit könnte aber als unfreundlich angesehen werden. Verschiedene Kulturen bringen Unterschiede mit sich, aber keine Art oder Umgangsweise ist besser als die andere.

Deshalb ist es auch gut, viel nachzufragen und Interesse zu zeigen. Einzelne Zeichen, Schmuckstücke, Gesten können jahrealte Geschichten erzählen. Wenn man das Interesse offen zeigt, wird oft gejubelt und man kann pure Freude in den Gesichtern sehen (bei mir ist es beispielsweise, wenn ich die Lokalsprache Twi spreche).