Mission wird heute anders buchstabiert

Rote Rose
Bild: pixabay.com, Nietjuh

Papst Franziskus hat den Oktober 2019 zum „Monat der Weltmission“ erklärt und ruft dazu auf, diese Wochen entsprechend zu gestalten. Was aber kann Mission für uns heute bedeuten?

Vor einiger Zeit fuhr ich zusammen mit einer Ordensschwester zu einer Fachtagung nach Hamburg. Und da habe ich etwas über Mission gelernt – nein, nicht bei der Tagung, sondern durch die Schwester. Und das fing schon bei der Zugfahrt an …

Sr. Ulrike trägt ein weißes Ordenskleid, noch aus der Zeit, in der sie in Südafrika gearbeitet hat, und einen Schleier. So fragte schon unser Gegenüber im Zug sie neugierig, aber durchaus interessiert aus. Und Ulrike stand Rede und Antwort und war einfach ansprechbar – und sie sprachen über Glauben und die Würde des Menschen und …

Über die Autorin

Andrea Schwarz ist Schriftstellerin und pastorale Mitarbeiterin im Bistum Osnabrück. Sie ist eine genaue und sensible Beobachterin ihrer Umwelt und der Menschen, denen sie begegnet. In ihren Texten versucht sie, Gott mitten im Alltag zu entdecken und Lust aufs Leben zu machen – nun erstmals auch in Form von Blogbeiträgen!

Nächste Szene: Am Abend nach der Tagung wollten wir beide aus dem Tagungshaus raus, nicht mehr über die Themen der Konferenz reden, abschalten – und landeten in einer gemütlichen, kleinen  Szene-Kneipe auf St. Georg. Als ich für eine Zigarette draußen stand, kam ein Ehepaar und guckte in die Kneipe hinein: „Guck mal, da sitzt eine Schwester!“, sagte der Mann. „Ach, tatsächlich“, antwortete die Frau, „die ist bestimmt vom Nachtbus!“ (ich weiß nicht genau, was das ist, ahne aber darum, dass es wohl  eine Art Obdachlosenarbeit ist). „Das find ich aber toll!“, sagte der Mann – und dann zogen die beiden weiter.

Dritte Szene: Zehn Minuten später kam ein Mann mittleren Alters herein, einen dicken Strauß langstieliger roter Rosen im Arm, die er verkaufen wollte. Er sah die Schwester, stutzte einen Moment, legte sacht die Hand auf ihre Schulter – und eine Rose vor ihr auf den Tisch. Und dann sagte er leise: „Mein Sohn ist herzkrank“. Ulrike nahm die Rose, sah ihn an und sagte behutsam: „Ich werde für ihn beten …“. Es war ein unsagbar dichter Moment, voller Intensität. Für mich war es so, als ob der Himmel für einen Augenblick, im wahrsten Sinn des Wortes,  aufbricht – ein Mensch öffnet sich in all seiner Not – und da ist ein anderer Mensch, der ihn sieht, seine Not wahrnimmt, versteht, in diesem Moment ganz bei ihm ist.

Als der Mann die Kneipe wieder verlassen hatte, saßen wir beide da, still, bewegt, berührt – und eine rote Rose lag auf dem Tisch.

Weitere Infos

In diesem Moment wurde mir klar, dass genau das heute Mission ist: hinaus zu den Menschen gehen, sich als Christ zu erkennen geben, bei den Menschen sein, für jemanden beten. Dazu muss man nicht erst nach Kenia oder Peru fahren – das kann auch auf St. Georg in Hamburg sein. Mission wird dort scheitern, wo wir uns hinter geschützte Mauern zurückziehen, egal ob sie zu einem Kloster oder einer Kirche gehören, egal ob in Südafrika oder in Bayern. Und in dem Moment verstand ich auch den Appell von Papst Franziskus: „Geht an die Ränder unserer Kirche!“

Die Menschen warten darauf.

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