Mit Coaching die Wüste zum Blühen bringen

Mit Coaching die Wüste zum Blühen bringen
Bild: pixabay.com, Jim Black

Nathalie Jelen und Ansgar Stolte bieten seit etwa fünf Jahren das Berufungscoaching WaVe® an. Darin helfen sie Menschen zu einem erfüllteren Leben. Im Interview erklären sie, was dabei Coaching bedeutet, warum sie zu nichts raten und wie durch ihre Begleitung die Wüste zum Blühen gebracht wurde.

Was ist Coaching?

Nathalie Jelen: Beim Coaching schaut man auf die Bedürfnisse, Sehnsüchte, Ressourcen der Menschen. Auch auf die, die unter die Oberfläche geraten sind. Unsere Kundinnen und Kunden haben oft viele Ratschläge bekommen und einen bestimmten Weg eingeschlagen, kamen aber an einen Punkt, wo sie merkten: Ich bin nicht ganz erfüllt. Wir heben im Coaching Sehnsüchte, Stärken und Bedürfnisse. Der oder die kann dann schauen: Okay, was bedeutet das für mich? Und was ändert sich noch mal? Und was möchte ich intensiver in den Blick nehmen und angehen?

Ansgar Stolte: Wir gehen beim Coaching davon aus, dass alles schon da ist. Deswegen sprechen wir davon, die Berufung zu ent-decken: Sie ist vielleicht zugedeckt mit allen möglichen Prägungen, Vorerfahrungen, Geschichten und sie darf jetzt ent-deckt, ins Bewusste gehoben werden. Und ein zweiter Gedanke: Wir beraten nicht, sondern wir begleiten. Wir haben also keine Lösung und arbeiten darauf hin, sondern es ist wie ein Mosaikbild, das Stein für Stein aufgedeckt wird.

Jetzt hört sich Berufungscoaching sehr kirchlich an. Kann ich so ein Coaching nur machen, wenn ich einen Beruf in der Kirche ergreifen möchte, zum Beispiel in die Pastoral gehen?

Nathalie Jelen: Nein, wir sind sehr weit aufgestellt: Jeder Mensch hat seine Berufung. Die kann in der Pflege liegen, die kann im IT-Bereich liegen, die kann im Bereich Finanzen liegen, wie auch immer. Ich erlebe viele Menschen, die davon sprechen, dass sie eine Berufung haben, aber eben nicht im kirchlichen Bereich. Und viele kommen zu uns, auch weil sie erstmal vor allen Dingen das Wort Beruf in diesem Berufungscoaching hören und sagen, ja, ich will schauen, wo kann es für mich beruflich hingehen.

Ansgar Stolte: Auch das ist interessant, dass nicht nur im Deutschen, sondern in vielen anderen Sprachen in Beruf und Berufung das Wort Ruf drinsteckt. Übrigens auch ein Arbeitgeber wie die Bundeswehr hat eine ganze Zeit lang mit dem Berufungsbegriff geworben.
Was wir aber mit dem Berufungscoaching versuchen für unsere Kunden zu erreichen, ist ein erfülltes Leben. Und das beinhaltet berufliche Aspekte, aber natürlich auch vieles andere: Wie will ich Beziehung leben und gestalten, welche Ressourcen brauche ich, um erfüllt leben zu können, was bedeutet Gesundheit für mich, welche Werte sind für mich und auch mein Umfeld wichtig? Was verleiht meinem Leben einen Sinn? Natürlich darf das in einem kirchlich religiösen Kontext spielen. Zugleich gibt es aber auch immer wieder Menschen, die das anders füllen. Das widerspricht sich überhaupt nicht, das ergänzt sich eher: Denn wir sagen, jeder Mensch ist Kind Gottes, und jeder Mensch hat eine Berufung.

Berufungscoaching, Ansgar Stolte, Nathalie Jelen
Berufungscoaching öffnet Türen: (von links) Ansgar Stolte und Nathalie Jelen bieten dieses im Rahmen der Berufungspastoral im Bistum Osanbrück an.

Aber wie kitzelt man die Berufung aus den Menschen raus? Wie läuft das Berufungscoaching WaVe® konkret?

Ansgar Stolte: Zunächst geht es darum zu fragen: Was ist das Anliegen, das der Mensch mitbringt? Und dann wird ein Horizont ausgemacht: Stell Dir vor, am Ende hat sich tatsächlich all das zur vollsten Zufriedenheit erfüllt. Was ist anders? Dann hat man die Zielperspektive oder die Vision angerissen und wir sehen: Okay, wir sprechen von dem Gleichen und können am Ende dieses Weges abgleichen, passt das zu dem, womit wir gemeinsam gestartet sind.
Methodisch wird relativ viel mit Imaginationsübungen gearbeitet, weil diese ein gutes Instrument sind, um Dinge vom Unterbewussten ins Bewusste zu heben. Und dann schauen wir auf die Selbstreflexion der Person: Wie schätzt sie die Fremdwahrnehmung auf sich ein, was sind ihre Bilder von erfülltem Sein und Tun. Bei jedem Treffen, im Durchschnitt sind das sieben, wird immer ein weiterer Baustein gehoben. Wenn das Coaching zum Ende gekommen ist, bitten wir die Person eine Lebensvision aufzuschreiben, in der sie ausdrückt, was ihr Bild von erfülltem Sein und Tun in ungefähr sieben, acht Jahren ist. Das ist weit genug weg, dass sich da auch etwas entwickeln kann, aber auch nicht zu weit, dass es nicht zu unverbindlich wird. Und dann wird gemeinsam auch erarbeitet, wie diese Lebensvision Schritt für Schritt ins Leben kommen kann. Dabei wird wesentlich aus der Zukunft gelernt. Das klingt spannend – und ist es auch.

Nathalie Jelen: Im Berufungscoaching darf man sich ausprobieren: Es gibt ja Wünsche, die utopisch klingen. Und vielleicht sagt man: Oh, das würde ich mich nicht trauen, zu erwähnen, die würden mich alle auslachen. Wir tun es nicht, sondern wir sagen: Sprich es einfach aus, hier ist ein sicherer Raum. Und dann schauen wir, was steckt hinter dieser Idee. Was davon könnte umsetzbar sein? So bekommt man ein Gespür dafür, was sich lohnt, weiterzuverfolgen.

Braucht man nicht auch Mut, das Berufungscoaching zu beginnen? Immerhin könnte es das ganze Leben umkrempeln.

Ansgar Stolte: Die Mehrheit unserer Kundinnen und Kunden sagt danach: Okay, ich hatte von dem, was jetzt rauskam, immer irgendwie eine Ahnung. Aber jetzt habe ich es klarer bekommen.
Natalie Jelen: Aus meiner Ausbildung gibt es ein Beispiel, wieviel eine Vision, das Nachgehen der Berufung, die man spürt, verändern kann: Es gab einen Mann aus Ägypten, der hatte einen superguten Job und mit seiner Frau zwei Kinder. Und er hatte die Vision gehabt, dass er die Wüste zum Blühen bringen möchte. Er ist dann tatsächlich mit seiner Familie nach Ägypten gegangen und hat dort in der Nähe von Kairo ein großes Stück Wüste gekauft und diese zum Blühen gebracht. Dieses Fleckchen Erde existiert immer noch.

Wer kann sich coachen lassen?

Ansgar Stolte: Grundsätzlich jeder, der sich darauf einlässt. Das sind meistens Menschen, die sich orientieren oder neuorientieren möchten: zum Beispiel haben sie die Schule oder den Freiwilligendienst abgeschlossen und sagen: Ja, ich habe einigermaßen klar, was ich nicht will, aber noch keine richtige Idee, was ich wirklich will. Dann gibt es immer wieder Menschen, die in der Phase der Neuorientierung sind, wie in der Lebensmitte und es hat sich im familiären oder beruflichen Kontext etwas geändert, das sie motiviert, ganz neu drauf zu schauen.
Wir sprechen die Personen allerdings immer darauf an, ob sie in einer psychologischen Begleitung sind. Wenn ja, ist das kein Ausschlusskriterium. Aber das sollte abgesprochen werden, gerade weil wir viel mit Imaginationsübungen arbeiten und dort Sachen zum Vorschein kommen können, die wir selbst nicht mehr professionell begleiten können.

Coaching ist keine Beratung. Muss man sich denn nicht ab und an auf die Zähne beißen, dass man nicht sagt, jetzt machen Sie das und das, das liegt doch auf der Hand.

Nathalie Jelen: Ich hatte das tatsächlich noch nicht. Aber natürlich spiegelt man dem Kunden, was einem aufgefallen ist. Oder man sieht als Coach ein paar Dinge. Die biete ich dann an. An der Resonanz merkt man dann, ob es passt oder nicht.

Weitere Infos

  • Das BerufungscoachingWaVe® wird im Rahmen der Berufungspastoral kostenlos angeboten – wer es sich finanziell leisten kann, kann aber gerne einen Anteil zahlen.
  • Außerdem sind die Coaches natürlich zum Stillschweigen verpflichtet – so verlässt nichts den Raum, was besprochen wurde.
  • WaVe steht für die spezielle Ausbildungsmethode der Coaches. Mehr dazu hier
  • Wer mehr über das Berufungscoaching erfahren möchte, kann hier klicken:

Ansgar Stolte: Der Mehrwert liegt immer darin, dass diese Person die Lage selbst sieht, spürt, wahrnimmt. Wenn es heißt, Nathalie und Ansgar haben gesagt, jetzt muss ich es so machen, das hat immer den geringeren Wert.

Nathalie Jelen: Manchmal erhoffen sich die Kunden, dass ich am Ende sage, was sie tun sollen. Und dann sag ich, ich werde ganz sicher nicht raten: Sie gehen in die Pflege oder sie gehen in die Richtung.

Und wann ist Coaching ein Erfolg?

Ansgar Stolte: Erfolg ist das, was folgt, wenn man seiner Bestimmung folgt. Erfolg ist, wenn die Kundin oder der Kunde sagt, das ist meins. Das ist meine Bestimmung, mein Herzensanliegen. Ich spüre viel Energie und Kraft darin und hab es jetzt klar. Das ist ein Erfolg.

Nathalie Jelen: Deswegen müssen es auch gar nicht immer sieben Treffen sein. Ich hatte auch schon Kunden, die waren zwei oder drei Mal da und haben gesagt, bei mir hat es Klick gemacht, das hat mir schon geholfen. Ich weiß jetzt genau, wie es für mich weitergeht.