Nächstenliebe verkünden
Er rief die Zwölf zu sich und sandte sie aus, jeweils zwei zusammen. Er gab ihnen Vollmacht über die unreinen Geister
Markus 6,7
Jesus sendet seine Zwölf Apostel zu zweit aus. Diese vielleicht nebensächlich anmutende Tatsache kommentiert Papst Gregor der Große (540-604): „Zu zweit sendet er die Jünger zur Verkündigung aus, weil es zwei Gebote der Liebe gibt: Die Liebe zu Gott und zum Nächsten, und bei weniger als Zweien kann es keine Nächstenliebe geben. Dadurch gibt er uns also zu verstehen: Wer die Liebe zum Nächsten nicht besitzt, darf unter keinen Umständen das Amt der Verkündigung auf sich nehmen.“
Ja, diese Deutung enthält eine wichtige Wahrheit. Wenn man zu zweit unterwegs ist, muss man sich auf den anderen einlassen, im Gehen auf sein Tempo, im Gespräch auf seine Argumente und Ansichten, im Bibelgespräch auf seine Interpretation, im gewöhnlichen Austausch auf seine Lebenserfahrung. Oft wird das hochtrabende Wort „Nächstenliebe“ in scheinbar banalen Alltagssituationen auf die Probe gestellt. Hier zeigt sich, ob sie nur ein Wort, ein guter Vorsatz ist, oder ob sie gelebt wird. Wenn man zu zweit unterwegs ist, muss man zusehen, wie man miteinander auskommt. Da wird die Liebe täglich auf die Probe gestellt. Die gelebte Liebe – so Papst Gregor – ist die Voraussetzung für die Verkündigung in der Predigt. Deswegen formuliert er markant: „Wer die Liebe zum Nächsten nicht besitzt, darf unter keinen Umständen das Amt der Verkündigung auf sich nehmen.“
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Diese Weisung des Papstes fordert jede Verkündigerin und jeden Verkündiger zu ehrlicher Gewissenerforschung heraus, zu demutsvollem Auftritt in der Verkündigung, zu bescheidener, aber eindeutiger Praxis der Predigt und Katechese, zu einem „lauteren“ Lebenswandel, wie es z.B. die Regel des heiligen Benedikt nennt. Authentizität ist gefordert, würde man heute vielleicht sagen.
Pater Franz Richardt