Pfingsten am Bistrotisch
Nach den vielen kalten Regentagen tun sie richtig gut: Bilder, die Energie und Wärme ausstrahlen in leuchtendem Gelb, Orange und Rot. Beim Betrachten wird es mir warm ums Herz. Zurzeit sind im Rahmen einer Ausstellung im Forum am Dom Gemälde von Angelika Litzkendorf zu sehen. Energieshots für die Seele. „Die können wir jetzt wirklich gebrauchen“, melden einige der Ausstellungsgäste zurück.
Bei einem Bild höre ich es fast knistern und knacken, wenn ich es betrachte. Feuer, Funken, Farbe. Das Bild zieht in seinen Bann. Manche sagen spontan: „Das ist für mich ein Pfingstbild!“ Der Gedanke an das Pfingstfest liegt in diesen Wochen nahe. Und ja, Pfingsten und Feuer gehören einfach zusammen. Am ersten Pfingsttag kamen Zungen wie von Feuer auf die versammelte Menge herab, begleitet von einem tosenden Sturm. So berichtet es die Bibel. Energieshots durch Gottes lebendige Geistkraft müssen das gewesen sein. Die Menschen waren von einer ungeahnten Kraft erfüllt. Ein Ruck ging durch die vielen und sie verstanden einander auf ganz neue Weise. Deshalb ist Pfingsten für mich ein Fest voller Lebendigkeit und Energie. Und die Natur tut jetzt ihr Übriges dazu. Bäume, Blumen, Blüten explodieren in wunderbaren Farben.
Weitere Infos
Die Ausstellung „Bilder der Hoffnung“ von Angelika Litzkendorf ist noch bis zum 16. Mai 2024 dienstags bis sonntags von 10:00 bis 18:00 Uhr im Forum am Dom (Domhof 12, Osnabrück) zu sehen. Der Eintritt ist frei.
Aber noch mehr mag ich das stille Pfingsten ohne Sturm und Feuer. Das findet selten in außergewöhnlichen Ereignissen oder in spirituellen Events statt, eher in unscheinbaren Situationen. Gottes Geist weht bekanntlich, wo er will. Oft so leise, dass ich seine Gegenwart leicht übersehe oder überhöre. Vor kurzem traf ich eine frühere Studienfreundin auf einen Kaffee. Aufgrund der räumlichen Distanz hatten wir uns jahrelang nicht gesehen und nur ganz sporadischen Kontakt gehabt. Nun saßen wir an einem Samstag in einem vollen Lokal draußen, eingezwängt zwischen vielen Gästen an einem kleinen wackeligen Bistrotisch. Um uns herum ein Gewirr von Stimmen und ein Gewusel von Menschen in der überfüllten City. Wir kamen ins Erzählen, fragten nach, hörten einander zu und verstanden uns wie damals vor dreißig Jahren. Das Geschehen um uns herum vergaßen wir, der Cappuccino wurde kalt. Völlig überraschend nach so langer Zeit war wieder eine Vertrautheit da. Was für ein Geschenk. Erst danach gingen mir so richtig die Augen auf. Diese Begegnung war ein kleines Pfingsten. Am Bistrotisch im Kaffee auf dem Marktplatz.
Zu diesem leiseren Pfingsten passt das Bild, das Angelika Litzkendorf in ihrer Ausstellung tatsächlich als Pfingstbild betitelt hat. Gedecktere Farben, Erdtöne, weiche, verwischte Konturen. Nichts ist so konkret und anschaulich, dass es sich aufdrängen würde. Über allem ein weißer Nebel, der sich lichtet und den Blick in eine unbekannte Sphäre öffnet.
Mir gefällt dieses Pfingstbild. Eine schöne Einladung zur Spurensuche. Wo sind die leisen, unscheinbaren Spuren von Gottes Geistkraft, wo weht sein Geist? Dort, wo ich nicht damit rechne, wo sich Nebel lichtet und der Blick sich weitet? Vermutlich regt er sich dann, wenn mir die Augen aufgehen und ein tiefes Verstehen möglich wird. Und sicher dann, wenn mir ein kleiner Funke ins Herz fällt. Ganz ohne Feuer gibt’s dann doch kein Pfingsten.
Über die Autorin
Daniela Engelhard ist Leiterin des Forums am Dom in Osnabrück. Bei der Arbeit in dieser Einrichtung der Citypastoral kommt sie mit vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt. Von Erlebnissen und Themen, die sie bewegen, berichtet sie in ihren Blogbeiträgen.