Prophet mit Weitblick

Dorf mit Bergen und Sonnenaufgang
Bild: unsplash.com, Stephan Seeber

Am 21. Mai gedenkt die Kirche des Märtyrers Franz Jägerstätter. Dieser einfache Landwirt war ein Prophet mit Weitblick und Durchblick, Vorbild der Gewissenstreue, Anwalt der Gewaltlosigkeit. Er wurde am 26. Oktober 2007 seliggesprochen.

Für mich ist es beeindruckend, mit welcher Klarheit er schon sehr früh die Barbarei und Menschenverachtung des Nationalsozialismus erkannte. Jägerstätter brandmarkte den Rassenwahn, die Kriegsideologie und Staatsvergötterung. Er ahnte, wie schnell sich das Blatt gegen das Christentum und alle gebildete Kultur wenden würde. Er weigerte sich, das Todessystem zu unterstützen und als Soldat in Adolf Hitlers Krieg zu ziehen. Er wurde als Wehrdienstverweigerer verurteilt und am 9. August 1943 hingerichtet.

Über den Autor

Theo Paul ist Generalvikar und damit Stellvertreter des Bischofs und Leiter der Verwaltung des Bistums. In seinen Blogbeiträgen greift er gerne aktuelle Themen auf.

Franz Jägerstätter wurde am 20. Mai 1907 in St. Radegund in Oberösterreich geboren. Er wuchs in armen Verhältnissen auf, interessierte sich aber für Bücher und Religion. „Wer nicht liest“, sagte er später, „wird sich nie so richtig auf die eigenen Füße stellen können, wird nur zu leicht zum Spielball der Meinungen anderer.“

Zunächst arbeitete Jägerstätter auf einem Bauernhof, später in einem Bergwerk in der Steiermark. Soziale Konflikte stellten ihn in seinem Glauben auf die Probe. Aus diesen Konflikten ging er gestärkt hervor. 1933 starb sein Adoptivvater, der ihm seinen Bauernhof vermachte. Franz wollte das Erbe nicht annehmen und in ein Kloster eintreten. Sein Ortspfarrer überzeugte ihn: In diesen schwierigen Zeiten seien Menschen gefragt, die in der Welt ihren Glauben bezeugten. Außerdem war Jägerstätter Vater einer unehelichen Tochter geworden. Die Mutter des Kindes war Magd auf einem Nachbarbauernhof. Von ihr trennte der er sich in Freundschaft. Auch zu seiner Tochter unterhielt er weiter eine gute Beziehung.

1936 heiratete Franz Jägerstätter schließlich Franziska Schwanninger, die Tochter eines anderen benachbarten Bauern. Auf dessen Vorschlag hin unternahm das Paar eine Hochzeitsreise nach Rom, wo es auch eine Papstaudienz besuchte.

Die Heirat wurde zum Wendepunkt. Franz und Franziska lebten bewusst ihren Glauben, während sie den Hof bewirtschafteten. Drei Töchter gingen aus der Ehe hervor. Er habe sich nie vorstellen können, dass die Ehe so schön sein könne, bekannte Jägerstätter später.

Als 1938 Nationalsozialisten in Österreich einmarschierten, verweigerte Jägerstätter dem Regime jegliche Unterstützung. Als einziger seines Ortes stimmte er gegen den Anschluss Österreichs an Deutschland. In einem Traum sah er einen Zug von unzähligen Menschen, die von Nazi-Schergen ins Verderben geführt wurden.

1940 wurde Jägerstätter zum Militärdienst eingezogen. Da ihn seine Heimatgemeinde als „unabkömmlich“ einstufte, konnte er bald wieder zurückkehren. Einer weiteren Einberufung widersetzte sich Jägerstätter. Öffentlich erklärte er, dass es einem Christen unmöglich sei, Hitler in seinem Willen zur Weltherrschaft zu unterstützen und dafür Menschenleben zu opfern. Als er in eine Kaserne einbestellt wurde, sprach er seine Verweigerung offen aus. Jägerstätter wurde verhaftet und in ein Wehrmachtsgefängnis in Linz gebracht. Seiner Frau schrieb er, ein Zeichen setzen und sich von dem Strom nicht mitreißen lassen zu wollen. Wenig später wurde Jägerstätter nach Berlin überführt und wegen „Zersetzung der Wehrkraft“ zum Tode verurteilt.

Bis zuletzt schlug er jedes Angebot aus, die Verweigerung zu widerrufen. Am 9. August 1943 wurde Franz Jägerstätter enthauptet.

Nach dem Krieg wurde Jägerstätters Urne an der Außenmauer der Kirche in St. Radegund begraben. Gegen heftigen Widerstand setzte der damalige Pfarrer durch, dass sein Name auch unter den Toten des Zweiten Weltkrieges am Kriegerdenkmal aufgeführt wurde. Schon die beiden Pfarrer, die ihn in Berlin bis zu seiner Hinrichtung begleitet hatten, sahen in Jägerstätter ein großes Vorbild und einen Heiligen. Seine Ruhe und seine fast schon fröhliche Gelassenheit kurz vor seinem Tod hatte die Priester tief beeindruckt.