Sind Sie noch in Gott verliebt?

ein Herz, das auf eine beschlagene Scheibe gemalt wurde
Bild: unsplash.com, Michael Fenton

Ein Abend für Mitglieder in Pfarrgemeinderäten und Kirchenvorständen zum Thema „Spirituelle Kompetenz“ im Erzbistum Paderborn …

Bei der Vorbereitung hatte ich mich entschieden, u.a. auf einen bewährten Impuls zurückzugreifen – den Text „Die dunkle Nacht“ von Johannes vom Kreuz, das entsprechende Lied von Loreena McKennitt und die Frage: Bin ich eigentlich noch in Gott verliebt? Denn ich glaube, dass dies die entscheidende Frage ist …

Kurz und gut, ich las den Text von Johannes vom Kreuz vor – und war gerade bei der Zeile „mein Haus war schon zur Ruh‘ gekommen“, da klingelte ein Handy. Ich unterbrach, der Teilnehmer angelte etwas verlegen nach seinem Handy und bekam es schließlich ruhig. Ich sagte leicht schmunzelnd: „Das war aber nun wirklich eine passende Stelle!“ und „ich fang einfach nochmal an …“

Ich begann mit dem Text von vorne, kam wieder bis genau zu diesem Satz – da klingelte auf der anderen Seite ein Handy. Ich hielt verdutzt inne, musste lachen – und das war wohl ziemlich ansteckend. Eine Welle von Heiterkeit breitete sich aus, mir selbst kamen fast die Tränen vor Lachen – wie konnte es aber auch sein, dass zweimal hintereinander bei genau diesem Satz „mein Haus war schon zur Ruh‘ gekommen“ ein Handy klingelt?

Über die Autorin

Andrea Schwarz ist Schriftstellerin und pastorale Mitarbeiterin im Bistum Osnabrück. Sie ist eine genaue und sensible Beobachterin ihrer Umwelt und der Menschen, denen sie begegnet. In ihren Texten versucht sie, Gott mitten im Alltag zu entdecken und Lust aufs Leben zu machen – nun erstmals auch in Form von Blogbeiträgen!

Na gut, ich hatte den Teilnehmer*innen einen eher „leichten“ Abend statt meditative Schwere versprochen  – aber dass die konkrete Umsetzung so aussehen würde, konnte ich ja auch nicht ahnen.

Etwas mühsam fasste ich mich wieder – und begann ein drittes Mal. Und diesmal gelang es tatsächlich.

Auf der Heimfahrt von Bestwig ins Emsland ging mir dieses Erlebnis immer noch nach. „Mein Haus war schon zur Ruh‘ gekommen“ – und da klingelt ein Handy.

Ja, vielleicht kommen unsere „Häuser“ nicht mehr so richtig zur Ruhe – immer klingelt da was, will einer was, soll etwas getan werden. Und möglicherweise ist das nicht nur für die Liebe zwischen Menschen tödlich, wenn sich da dauernd etwas zwischen mich und den anderen „schiebt“, sondern auch für die Liebe zwischen mir und Gott. Liebe braucht Zeit, Raum, Ungestörtheit.

Und wenn wir unserer Liebe mit Gott das nicht mehr geben, sondern uns nur noch auf Haushaltspläne, die Bratwurstpreise für’s Pfarrfest, die Uhrzeiten der Gottesdienste, die Frage nach der Gestaltung der Jugendräume und was da sonst noch so alles zu besprechen ist, konzentrieren, wenn wir sozusagen „das Handy klingeln lassen“, dann werden wir genau das auch ausstrahlen. Kann man natürlich machen, aber dann brauchen wir uns auch nicht zu fragen, warum wir eventuell nicht so besonders attraktiv sind. Ich würde mich auch für einen Freund bedanken, der dauernd aufs Handy schaut, statt mit mir zusammen zu sein …

Wenn wir aber dieser Liebe Zeit, Raum und Ungestörtheit geben, dann könnte das geschehen, was Johannes vom Kreuz in der letzten Strophe seines Textes beschreibt:

 

Ich blieb zurück und selbstvergessen
neigt‘ ich das Gesicht über den Geliebten,
es hörte alles auf, ich ließ mich,
gelassen mein Sorgen,
unter den Lilien vergessen.

Johannes vom Kreuz – spanischer Karmelit und Mystiker, Heiliger und Kirchenlehrer (1542 – 1591); Text: „Die dunkle Nacht“, in der Übersetzung von Ulrich Dobhan OCD, Elisabeth Hense, Elisabeth Peeters OCD, Verlag Herder, Herder spektrum 1995; dazu das Lied: Loreena McKennitt, „The dark night“ auf der CD „mask and mirror“

 

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