(Weg-)Weisung und Orientierung
In jenen Tagen sprach Gott auf dem Berg Sinai alle diese Worte:
Exodus 20,1-3.7-8.12-17
Ich bin der HERR, dein Gott, der dich aus dem Land Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus.
Du sollst neben mir keine anderen Götter haben.
Du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes, nicht missbrauchen; denn der HERR lässt den nicht ungestraft, der seinen Namen missbraucht.
Gedenke des Sabbats: Halte ihn heilig!
Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit du lange lebst in dem Land, das der HERR, dein Gott, dir gibt!
Du sollst nicht töten.
Du sollst nicht die Ehe brechen.
Du sollst nicht stehlen.
Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen.
Du sollst nicht das Haus deines Nächsten begehren.
Du sollst nicht die Frau deines Nächsten begehren, nicht seinen Sklaven oder seine Sklavin, sein Rind oder seinen Esel oder irgendetwas, das deinem Nächsten gehört.
Das Zehnwort, der Dekalog, ein vertrauter Text. Und doch bei mir auch mit gemischten Gefühlen behaftet. Als Kind habe ich mit ihm immer ein bestimmtes Gottesbild verbunden. Der Erzieher-Gott, der mit strenger Moral auf sein Kind schaut und sagt, was geboten und verboten ist: Du sollst – du sollst nicht.
Erst später habe ich erfahren, wie wichtig und entscheidend zum Verständnis der sogenannten zehn Gebote der erste Vers ist: „Ich bin der HERR, dein Gott, der dich aus dem Land Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus.“ Diese für das Volk Israel fundamentale Erfahrung, Gott hat uns aus dem Land der Unfreiheit und Knechtschaft in das Land der Freiheit geführt, ist die Grundlage, von der her die Gebote – besser als: Weisungen zum und ins Leben – verstehbar sind.
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Der Gott des Exodus, des Auszugs und der Befreiung aus Gefangenschaft und Unfreiheit, will uns Menschen mit seinen Weisungen ins Leben führen. Gott schenkt uns Menschen Würde und setzt uns in Freiheit. Seine Weisungen geben uns Orientierung. Sie zeigen uns, wie menschliches Leben und Miteinander gelingen kann, auch heute noch. Wo wir entgegen den Weisungen Gottes leben, setzen wir andere Menschen in Unfreiheit, nehmen ihnen die Würde und sind selbst Gefangene unserer eigenen Begierden.
Durch die Brille dieser Weisungen geschaut sind die verschiedenen Krisen unserer Zeit, der sexuelle Missbrauch in den Kirchen und Gesellschaften, die Kriege, die Ausbeutung der Ressourcen in den Ländern des globalen Südens, die Klimakrise Folgen ihrer Nichtbeachtung.
Für die jüdisch-christliche Tradition gibt es keine Trennung zwischen dem religiösen und dem weltlichen Bereich. „Gott wird geehrt, indem man seine Geschöpfe ehrt und achtet, wie die Weisungen Gottes es verlangen.“ (Fulbert Steffensky)
Hermann Steinkamp