Weltweite Geschwisterlichkeit und Freundschaft

Hände halten zusammen
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„Fratelli tutti“ – „Alle Geschwister“, so nennt Papst Franziskus seine neue Enzyklika, die er am 3. Oktober in Assisi unterschrieben hat, am „Tag des Übergangs“ (transitus), am Todestag des heiligen Franziskus im Jahr 1226. Dabei macht der Papst seinem Namen alle Ehre, denn das Wort „Fratelli tutti“ stammt vom heiligen Franziskus selbst, ebenso wie bei der Enzyklika „Laudato si“ vor fünf Jahren, in der der Papst über die Sorge um das Haus der Schöpfung und der Menschheitsfamilie schrieb. Sie fand weltweit viel Beachtung.

Die neue Enzyklika ist von erheblicher Bedeutung. Der Untertitel „Über Geschwisterlichkeit und soziale Freundschaft“ zeigt, dass es dem Papst wieder ums Ganze geht, um die ganze Menschheit, die nach unserem Glauben von ihrem Schöpfer-Gott geeint ist. Durch die Menschwerdung sind alle zu Schwestern und Brüdern Christi und untereinander geworden. Durch die Kraft des Heiligen Geistes wird die Menschheit ständig erneuert in ihrer bunten und freiheitlichen Verschiedenheit und zugleich in ihrer grundgelegten Einheit.

Über den Autor

Franz-Josef Bode ist unser Bischof und Vorsitzender der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz. Seit 2010, damals als erster deutscher Bischof, schreibt Bode in unserem Bistumsblog über Begegnungen und Gedanken aus seinem bischöflichen Alltag.

Weltweite Geschwisterlichkeit und Freundschaft sind ein Gegenentwurf zu den vielen zentrifugalen Kräften, die heute am Werk sind. Die engherzigen Nationalismen und Narzissmen, die Leugnung von lebenswichtigen globalen Zusammenhängen, die ökologisch und sozial mangelhafte Ökonomie, das alles ist mit Händen zu greifen. Von Lampedusa bis Covid-19 reichen die Herausforderungen für eine weltweite Geschwisterlichkeit, die allein Frieden in Gerechtigkeit verwirklichen kann.

Der Papst schreibt: „Träumen wir als eine einzige Menschheit, als Weggefährten vom gleichen menschlichen Fleisch, als Kinder der gleichen Erde, die uns alle beherbergt, jeder mit dem Reichtum seines Glaubens oder seiner Überzeugungen, jeder mit seiner eigenen Stimme, alles Geschwister.“ (Fratelli tutti, Absatz 8)

Man kann nur wünschen, dass die neue Enzyklika genauso gut aufgenommen wird wie „Laudato si“. Die Menschheit und auch die Kirche brauchen die Kraft eines neuen Anfangs in dieser Zeitenwende. Nur durch die Identifikation mit den Geringsten werden wir zu Brüdern und Schwestern aller Menschen. „Möge Gott jeden von uns zu dieser Vision inspirieren!“ (Fratelli tutti, Absatz 287) ruft uns der Papst zu.

Ein Kommentar zu “Weltweite Geschwisterlichkeit und Freundschaft

  1. Lieber Bischof Franz Josef,

    ich stimme Ihnen zu in dem, was Sie schreiben. Als Sozialarbeiter und Sozialrentner habe ich die Sozialenzyklika natürlich mit großem Interesse im Internet wahrgenommen. Sie hat nur einen Nachteil: sie ist zu lang und hätte kürzer sein müssen. Aber sie ist ein Rundumschlag aller Probleme unserer zerrissenen Menschheit. Geschwisterlichkeit und soziale Freundschaft – das ist die zentrale Botschaft und eine Aufforderung von Franziskus von Rom an uns alle, an die ganze Menschheit.
    Und so wünsche ich Ihnen besonders in Ihrer zentralen Funktion beim Synodalen Weg und in der Deutschen Bischofskonferenz den Mut, weiter in der Spur Jesu und von Franziskus zu bleiben. Unsere Kirche leidet insbesondere in Deutschland an Verbürgerlichung, Institutionalisierung und Bürokratie und ist darin noch schlimmer als der Staat. So gilt es für uns geistliche und soziale Menschen, weder konservativ noch progressiv, sondern intensiv zu sein und den Ruf Gottes nicht zu überhören. Dazu brauchen wir in der lärmenden Welt den Rückzug in die Stille und in die Einsamkeit, damit wir gestärkt durch die Begegnung mit dem lebendigen Gott in der Meditation, Oration und Kontemplation uns den Menschen im je eigenen Alltag zuwenden können.

    Das wünsche ich Ihnen ganz besonders, dass Sie Zeit für die Stille haben können und dürfen. Nach nun fast 25 Jahren als Bischof von Osnabrück wünsche ich Ihnen Muße, ein kraftvolles Herz und die heilende Nähe in der Stille und in den menschlichen Begegnungen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Ihr Bruder Klaus von Glane

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