Wie wäre es mit einem Perspektivwechsel?

faru mit verbundenen Augen
Bild: unsplash.com, Oscar Keys

In jener Zeit, als Jesus mit seinen Jüngern und einer großen Menschenmenge Jericho wieder verließ, saß an der Straße ein blinder Bettler, Bartimäus, der Sohn des Timäus. Sobald er hörte, dass es Jesus von Nazaret war, rief er laut: „Sohn Davids, Jesus, hab Erbarmen mit mir!“

Viele wurden ärgerlich und befahlen ihm zu schweigen. Er aber schrie noch viel lauter: „Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!“

Jesus blieb stehen und sagte: „Ruft ihn her!“ Sie riefen den Blinden und sagten zu ihm: „Hab nur Mut, steh auf, er ruft dich.“ Da warf er seinen Mantel weg, sprang auf und lief auf Jesus zu. Und Jesus fragte ihn: „Was soll ich dir tun?“ Der Blinde antwortete: „Rabbuni, ich möchte wieder sehen können.“ Da sagte Jesus zu ihm: „Geh! Dein Glaube hat dir geholfen.“ Im gleichen Augenblick konnte er wieder sehen, und er folgte Jesus auf seinem Weg.

Markus 10,46-52

Das Evangelium ist mir altbekannt; mit der Kirche von heute vor Augen lese ich es noch einmal neu.

„Was soll ich Dir tun?“, so begegnet Jesus seinem Gegenüber. Was heißt das für Kirche? Zunächst fragen statt antworten, den Willen des Anderen erkunden statt sofort Eigenes anzubieten. Wobei wir froh sein können, wenn Leute überhaupt noch was wollen von Kirche.

Doch wie wäre es mit einem Perspektivwechsel? Kirche könnte sich ja auch mal den blinden Bettler Bartimäus zum Vorbild nehmen – und Jesus in den Mitmenschen (auf)suchen. Vielleicht gibt’s ja etwas Neues zu sehen, lernt Kirche so neu sehen:

Ein Bettler ist auf andere angewiesen, muss bitten, Demut zeigen.

Der blinde Bartimäus hört hin, hört in den Stimmen die Stimme Jesu.

Er ruft, will in Kontakt kommen, bittet um Erbarmen.

Die Begegnung ist ihm wichtig, dafür wirft er seinen Mantel weg, Sicherheit und Schutz.

Er gesteht sich und anderen seine Blindheit ein; er weiß, dass er fremde Hilfe braucht.

Er ist bereit und willig, sich die Augen öffnen zu lassen; ja, er sehnt sich danach.

Sein Glaube hat ihm geholfen. Mit neuen Augen macht er sich auf den Weg, folgt Jesus nach; neu sehend, kann er ihm jetzt besser folgen.

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Wie kann „die Kirche“ das angehen? Ein bekanntes Gebetswort erscheint vor meinem inneren Auge: „Herr, erwecke Deine Kirche – und fange bei mir an!“ Touché! Wen kann ich bitten, mir meine blinden Flecken zu nehmen?

Martin Splett