Wir sind Gottes Botschaft

Frau ruft in Megaphon
Bild: AbodeStock.com, olly

Schwestern und Brüder! Heiligt in eurem Herzen Christus, den Herrn! Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt; antwortet aber bescheiden und ehrfürchtig, denn ihr habt ein reines Gewissen, damit jene, die euren rechtschaffenen Lebenswandel in Christus in schlechten Ruf bringen, wegen ihrer Verleumdungen beschämt werden. Denn es ist besser, für gute Taten zu leiden, wenn es Gottes Wille ist, als für böse. Denn auch Christus ist der Sünden wegen ein einziges Mal gestorben, ein Gerechter für Ungerechte, damit er euch zu Gott hinführe, nachdem er dem Fleisch nach zwar getötet, aber dem Geist nach lebendig gemacht wurde.

1. Petrus 3, 15–18

 

Als ich in Genua lebte, entdeckte ich auf einem Spaziergang zufällig in der kleinen, etwas versteckt liegenden Kirche „San Pietro in Banchi“ mitten in der mittelalterlichen Altstadt eine Christusfigur. Der Tradition nach gingen der aus Gips gemeißelten Statue beide Hände bei einem nicht näher bekannten Unglück verloren. Genau wegen dieser Besonderheit hat sich in der Bevölkerung eine besondere Verehrung der Statue entwickelt, die das folgende Gebet (14. Jhd. aus Flandern) ausdrückt:

Christus hat keine Hände, nur unsere Hände,
um seine Arbeit heute zu tun.
Er hat keine Füße, nur unsere Füße,
um Menschen auf seinen Weg zu führen.
Christus hat keine Lippen, nur unsere Lippen,
um Menschen von ihm zu erzählen.
Er hat keine Hilfe, nur unsere Hilfe,
um Menschen an seine Seite zu bringen.
Wir sind die einzige Bibel, die die Öffentlichkeit noch liest.
Wir sind Gottes letzte Botschaft in Taten und Worten geschrieben.

 

In der vergagenen Woche hatte ich ein Telefonat mit einer Frau aus einem Corona-Hotspot, die immer wieder unter der Ausgangsperre (seit Anfang März!) litt. Ihr Blick auf die Welt war sehr pessimistisch: „Wir leben in schlechten Zeiten, die Welt ist schlecht,“ kommentierte sie verbittert. Warum fehlten mir in diesem Moment hoffnungsvolle Worte?

Dass momentan Zweifel und Ungewissheit Raum gewinnen können, bringt auch dieses Zeugnis eines Pfarrers zum Ausdruck, das ich kürzlich gelesen habe. Dass mir die Worte fehlten, treibt mich allerdings um. – Christus hat keine Lippen, nur unsere Lippen, um Menschen von ihm zu erzählen. Wie das Gebet und die Statue deutlich machen, sind wir dazu aufgerufen, von der Hoffnung zu erzählen, dass in der Welt doch die Güte des Herrn immer wieder anzutreffen ist, trotz und gerade in der Zerbrechlichkeit unserer Schöpfung.

Diese Zeiten bieten für uns alle auch eine Chance, den eigenen Glauben zu vertiefen. Von diesen Erfahrungen höre ich auch immer wieder. Ich lade uns ein, die Frage zu stellen: Welche Hoffnung trage ich bereits in mir, welches tiefe Vertrauen berge ich in mir, welche guten Erfahrungen mit Gott in meinem Leben tragen mich, sodass ich auch in schweren Zeiten daraus Kraft und Mut zum Leben schöpfen kann und den anderen aus dieser Quelle Hoffnung schenken kann?

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Hier kommentieren jede Woche Menschen aus dem Bistum Osnabrück eine Bibelstelle aus einer der aktuellen Sonntagslesungen – pointiert, modern und vor allem ganz persönlich.

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In Krisen wie diesen können wir die Einladung verspüren, das Gespräch mit Gott stärker zu suchen. In den vergangenen Wochen habe ich von vielen gehört, wie das Gottesdienstverbot auch einen neuen Impuls gegeben hat, selbst in Hausgottesdiensten den Glauben zum Ausdruck zu bringen und ihm neu Form zu geben. Und in dieser ehrlichen Beziehung mit Gott, wo alles – eben auch Ratlosigkeit und Verzweiflung – Raum hat, können wir das alte Gebet sprechen: „Wir sind die einzige Bibel, die die Öffentlichkeit noch liest. Wir sind Gottes letzte Botschaft in Taten und Worten geschrieben“. Und wir können uns weiter darin üben, stets bereit zu sein „jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt.“

Viel Mut und Gottes Segen für diesen herausfordernden Auftrag!

Roberto Piani