Wohnungslosenhilfe – eine Bereicherung für alle Beteiligten

Hände halten Papphaus
Bild: AdobeStock.com, 2B

Elisabeth Middelschulte ist seit Jahrzehnten für Wohnungslose im Einsatz. Schon in den Neunziger-Jahren setzte sie sich dafür ein, dass Menschen ohne festen Wohnsitz eine Übernachtungsmöglichkeit in Bersenbrück bekommen. Seitdem in der Stadt eine Übernachtungsstelle der Caritas eröffnet wurde, kümmert sie sich mit weiteren Engagierten um die Versorgung der Menschen, die hier für kurze Zeit Obdach finden.

Schon als Kind habe sie sich vorgenommen: Jeden Tag eine gute Tat! Und das habe bis heute auch ganz gut geklappt, sagt Elisabeth Middelschulte schmunzelnd. Ihr Engagement für Wohnungslose ist für sie selbstverständlich: „Dass ich mich so engagieren kann, verdanke ich der privilegierten Position, in der ich lebe, mit allem, was ich habe. Was aber Wohnungslose explizit nicht haben. Ich glaube, dass wir alle die Pflicht haben, die Welt zu einem besseren Ort zu machen – und wo sollten wir anfangen, wenn nicht bei den Menschen?!“

Elisabeth Middelschulte

Hilfe auf Augenhöhe

Die Übernachtungsstelle Bersenbrück bietet wohnungslosen Frauen, Männern und auch Paaren, die ohne festen Wohnsitz umherziehen, für einige Tage eine sichere Unterkunft. Neben einem Bett gibt es hier auch eine kleine Küchenzeile und ein separates Bad mit Dusche und Toilette. Elisabeth Middelschulte kümmert sich mit einem Team von Ehrenamtlichen unter anderem darum, die Übernachtungsstelle aufzuschließen und Bettwäsche und Handtücher auszugeben. Vor allem aber nimmt sie sich Zeit, vermittelt in einem kurzen Gespräch menschliche Wärme und Respekt – etwas, das Wohnungslose auf der Straße oft nicht erleben. Die Ehrenamtliche versucht dabei immer, den Hilfesuchenden auf Augenhöhe zu begegnen: „Natürlich kann ich mich nicht ganz von Mitleid frei machen, aber ich halte Mitleid für zu wenig. Augenhöhe ist wichtig, denn nur so gewährleiste ich die Wertschätzung des Menschen vor mir.“ Dabei sei sie auch interessiert an den Geschichten der Menschen, den Gründen, warum sie – vielleicht nur vorübergehend – den Boden unter den Füßen verloren haben. Und ob es Ideen gibt, ihn wieder zu gewinnen. „Und natürlich muss ich auch akzeptieren, wenn der Mensch vor mir einen anderen Weg fürs Leben gewählt hat“, sagt sie.

Übernachtungsstelle der Caritas für Wohnungslose in Bersenbrück
Blick in die Übernachtungsstelle Bersenbrück

Häufig begegnet ihr das Argument: „Obdachlose sind doch selber schuld an ihrer Situation!“ – das hält sie aber für Unsinn: „Niemand ist schuld an seinem Los. Niemand. Wir alle sind ausgestattet mit Grundfähigkeiten, um unser Leben zu meistern oder eben nicht. Niemand sucht sich das Umfeld aus, in das er oder sie hineingeboren wird. Niemand sucht sich seine Gene aus. Wenn man sich als privilegierter Mensch ehrlich fragt, wie vielseitige Hilfe einem zuteil geworden ist, muss einem sofort klar werden, dass nicht alle die gleichen Möglichkeiten haben.“ Durch ihr Engagement empfinde sie große persönliche Dankbarkeit für ihre persönlichen Privilegien bei gleichzeitiger Demut: „Ich habe durch den Kontakt zu wohnungslosen Menschen Bescheidenheit gelernt. Ich bin immer noch erstaunt, wie wenig große Freude auslöst: ein sauberes Bett, ein freundliches Wort, eine Rolle Klopapier.“

Ehrenamtliche gesucht

Weitere Infos

  • Wer in Bersenbrück selbst Hilfe in Anspruch nehmen oder sich ehrenamtlich engagieren will, findet Infos und Kontakt hier im Flyer!
  • Auch in vielen anderen Orten im Bistum Osnabrück gibt es unterschiedlichste Hilfsangebote für wohnungslosen Menschen. Hier finden Sie Kontakte zu den Beratungsstellen des Caritas-Diözesanverbands in Bersenbrück, Diepholz, Lingen, Meppen, Osnabrück, Papenburg und Twistringen: https://www.caritas-os.de/wohnungslosenhilfe
  • Der Caritasverband Bremen macht gemeinsam mit Kooperationspartnern ebenfalls vielfältige Angebote für Wohnungslose. Bei Fragen ist Cornelius Peters ansprechbar: per Telefon 0421 200743-715 oder E-Mail c.peters@caritas-bremen.de
  • Ein weiterer Anlaufpunkt für Wohnungslose und für ehrenamtliches Engagement sind die Kirchengemeinden im Bistum Osnabrück, von denen viele eigene Angebote machen.

Diese Erfahrung ist Maria Drochner nicht fremd. Sie koordiniert die ambulante Hilfe für Wohnungslose der Caritas in Bersenbrück. Wie viele Menschen ohne festen Wohnsitz genau in der Stadt leben, weiß sie nicht. Dass es einen Bedarf für Hilfen gibt, ist aber klar: Rund 130 Personen haben die Beratungsstelle der Caritas im vergangenen Jahr aufgesucht, viele von ihnen mehrmals. Hier bekommen wohnungslose Frauen und Männer Informationen und praktische Hilfen, wie beispielsweise Gutscheine, mit denen sie sich im sozialen Kaufhaus der Stadt kostenlos mit Ersatzkleidung versorgen können. Auch die Übernachtungsstelle, die das Team rund um Elisabeth Middelschulte betreut, wird laut Drochner kontinuierlich genutzt: An durchschnittlich 337 Tagen pro Jahr wurde das Angebot in den vergangenen Jahren in Anspruch genommen. „Deswegen würden wir uns freuen, wenn sich noch mehr Ehrenamtliche zur Betreuung fänden“, sagt Drochner. Genau wie Elisabeth Middelschulte ist sie sich sicher: Dieses Engagement ist für alle Beteiligten ein echter Gewinn!

Worin genau dieser Gewinn besteht – vor allem in Zeiten der Corona-Pandemie – das erzählt Elisabeth Middelschulte hier im Video:

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