Alles andere als harmlos

Wandgemälde mit schreiendem Mann
Bild: unsplash.com, Aaron Blanco Tejedor

Sie kamen nach Kafarnaum. Am folgenden Sabbat ging er in die Synagoge und lehrte. Und die Menschen waren voll Staunen über seine Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, nicht wie die Schriftgelehrten. In ihrer Synagoge war ein Mensch, der von einem unreinen Geist besessen war. Der begann zu schreien:  Was haben wir mit dir zu tun, Jesus von Nazareth? Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes. Da drohte ihm Jesus: Schweig und verlass ihn! Der unreine Geist zerrte den Mann hin und her und verließ ihn mit lautem Geschrei. Da erschraken alle und einer fragte den andern: Was ist das? Eine neue Lehre mit Vollmacht: Sogar die unreinen Geister gehorchen seinem Befehl. Und sein Ruf verbreitete sich rasch im ganzen Gebiet von Galiläa.

Markus 1,21-28

 

Es geht heftig zu in der Synagoge von Kafarnaum. Schreien, drohen, hin- und herzerren, ausziehen mit lautem Geschrei – verständlich, dass alle, die es miterlebten, erschraken. Begegnung mit Menschen, die im Augenblick nicht Herr ihrer selbst und heftig werden, gehen mit ihrem Geschrei unter die Haut. Wenn man die Heftigkeit solcher Menschen erlebt, beginnt man zu zittern und fühlt sich ohnmächtig angesichts der Wucht der Gefühlsäußerungen. Am liebsten wäre man woanders. In Gegenübertragung spürt man die Ohnmacht der Besessenen und bekommt Atemnot und Angst.

Souverän steht Jesus in diesem Sturm des Angriffs und beherrscht die Szene und den Dämon. Markus führt uns zu Beginn seines Evangeliums schnell in die Mächtigkeit Jesu und in die Mitte seiner Sendung, nämlich: Menschen von dem zu befreien, was im Widerstand zu seinem Vater steht. Das ist die Sünde, das sind die Dämonen, die „Abergeister“, wie Fridolin Stier sie nennt, also die, die sich selbst ohnmächtig ausgeliefert sind, die eine Ahnung von der Tiefe der Auseinandersetzung zwischen Gott und der Sündenmacht haben, die spüren, wie heftig Gott zulangen muss, um die feindliche Macht in die Schranken zu weisen.

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Damit ist nicht gesagt, dass die von einem Dämon besessenen Menschen Sünder sind, es wird nur gesagt, dass die dämonische Macht, von der sie besessen sind, instinktiv die Macht Gottes spürt und alle Kräfte aufbietet, sich dagegen zu wehren. Abergeister sind Geister, die „aber“ sagen, die sich ohnmächtig ausgeliefert sind. Kurz nach dieser Stelle fasst Jesus das Ziel seiner Sendung zusammen: „Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu berufen, sondern Sünder.“  Menschen aus der Sündenhaft, aus dieser widergöttlichen, lähmenden Wirklichkeit zu befreien, das ging für Jesus nicht mal so eben nebenbei. Das war alles andere als harmlos. Das hat ihn das Leben gekostet.

Pater Franz Richardt