Adventsvisionen

Bibelfenster zum 3. Dezember 2010:

Das Wort, das Jesaja, der Sohn des Amoz, in einer Vision über Juda und Jerusalem gehört hat. Am Ende der Tage wird es geschehen: Der Berg mit dem Haus des Herrn steht fest gegründet als höchster der Berge; er überragt alle Hügel. Zu ihm strömen alle Völker. Viele Nationen machen sich auf den Weg. Sie sagen: Kommt, wir ziehen hinauf zum Berg des Herrn und zum Haus des Gottes Jakobs. Er zeige uns seine Wege, auf seinen Pfaden wollen wir gehen. Denn von Zion kommt die Weisung des Herrn, aus Jerusalem sein Wort. Er spricht Recht im Streit der Völker, er weist viele Nationen zurecht. Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermesser aus ihren Lanzen. Man zieht nicht mehr das Schwert, Volk gegen Volk, und übt nicht mehr für den Krieg. Ihr vom Haus Jakob, kommt, wir wollen unsere Wege gehen im Licht des Herrn.

Einheitsübersetzung, Jes 2, 1 – 5

 

„Alles nur Träumerei!“ – So könnte man Jesaja vorwerfen, wenn man seine Zeilen zu Beginn des Advents liest. Solche Visionen und Hoffnungen scheinen wenig realistisch, weder heute, noch zur damaligen Zeit.
Jesaja lebte in einer aussichtslosen Zeit: Das Volk ohnmächtig und fremden Göttern ausgesetzt. Der König im Machtgerangel verstrickt. Der Glaube mehr als schwach. Und trotzdem diese große und kraftvolle Hoffnung auf eine neue Mitte in der Welt (der Berg Zion), zu der alle Völker ziehen. Eine Mitte, die Orientierung bietet, Zusammenhalt und Heil. Kein Krieg mehr, sondern Leben im Licht des Herrn.

Das Bibelfenster

Hier kommentieren jede Woche Menschen aus dem Bistum Osnabrück eine Bibelstelle aus einer der aktuellen Sonntagslesungen – pointiert, modern und vor allem ganz persönlich.

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„Zu schön um wahr zu sein!“ – möchte man einwenden. Gerade vor dem Hintergrund der täglichen Berichte von Krieg, Überlebenskämpfen und von der Zerrissenheit der Welt stimmen solche Visionen eher skeptisch: Wie soll das gehen?
Was aber, wenn unsere (persönlichen) Hoffnungen und Visionen zu angepasst sind? Was, wenn wir uns längst abgefunden haben und glauben, dass doch nichts zu ändern ist? Was, wenn wir uns nur müde und selbstzufrieden zurücklehnen?

Da ist der Jesaja-Text Einladung und Provokation zugleich: Die Vision ermuntert uns dazu, nicht zu bescheiden zu sein. Gott selbst ist es, der Pläne, Träume und Hoffnungen mit uns hat. Er hat uns ein Leben in Fülle verheißen. Dies gilt uns auch und besonders da, wo wir scheinbar nichts mehr machen können.
Gott weiß um unsere Sehnsucht nach Heil und Ganzheit, nach Frieden und Gerechtigkeit.
Vielleicht ist der beginnende Advent eine gute Gelegenheit die großen Hoffnungen und Visionen wieder zu entdecken und lebendig werden zu lassen. Möglicherweise wachsen so auch die Kräfte, die großen Visionen konkret anzugehen und zu verwirklichen.

Christian Adolf