I have a dream
Bibelfenster zum 12. Dezember 2010:
Doch aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor, ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht. Der Geist des Herrn lässt sich nieder auf ihm: der Geist der Weisheit und der Einsicht, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Gottesfurcht. Er richtet nicht nach dem Augenschein, und nicht nur nach dem Hörensagen entscheidet er, sondern er richtet die Hilflosen gerecht und entscheidet für die Armen des Landes, wie es recht ist. Er schlägt den Gewalttätigen mit dem Stock seines Wortes und tötet den Schuldigen mit dem Hauch seines Mundes. Gerechtigkeit ist der Gürtel um seine Hüften, Treue der Gürtel um seinen Leib. Dann wohnt der Wolf beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Knabe kann sie hüten. Kuh und Bärin freunden sich an, ihre Jungen liegen beieinander. Der Löwe frisst Stroh wie das Rind. Der Säugling spielt vor dem Schlupfloch der Natter, das Kind streckt seine Hand in die Höhle der Schlange. Man tut nichts Böses mehr und begeht kein Verbrechen auf meinem ganzen heiligen Berg; denn das Land ist erfüllt von der Erkenntnis des Herrn, so wie das Meer mit Wasser gefüllt ist.
Einheitsübersetzung, Jes 11, 1-9
„I have a dream“ – diese epochalen Worte Martin Luther Kings fallen mir jedes Mal ein, wenn ich dieser unglaublichen Vision vom universalen Frieden begegne.
Ich gebe zu, dann gerate ich ins Schwärmen:
Stell dir vor, es wird Gerechtigkeit geschaffen und jeder geht mit. Wo Geld am nötigsten ist, wird es ausgeteilt. Tafeln und Notprogramme wird es keine mehr geben müssen. Stell dir vor, jene, die sich fremd fühlen, werden zuhause sein. Die, die ungeliebte Arbeiten erledigen, werden höchste Anerkennung erhalten. Stell dir vor, man würdigt jede Anstrengung.
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Stell dir vor, Gewaltverbrecher sacken zusammen und bleiben wehrlos für immer. Stell dir vor, Schläger und Trinker erkennen eine Perspektive. Stell dir vor, man wird vergessen, dass beim Sex jemals Gewalt im Spiel war.
Stell dir vor, Kinder werden auf der Straße toben und nichts kann ihnen zustoßen. Sie laufen in den Wald und bauen Hütten solange sie wollen. Stell dir vor, der junge Schüler darf rückhaltlos seinen Lehrern vertrauen. Mädchen ziehen hinaus in die Welt und können spät nach einem Fest genauso gut allein nach Hause gehen. Stell dir vor, man tut nichts Böses mehr und begeht kein Verbrechen mehr, nirgendwo.
Das ist keine blauäugige Träumerei, das ist eine jahrhundertealte, gutbegründete Hoffnung: Die Welt wird erfüllt sein von der Freude an Gott, so vollständig und selbstverständlich wie das Meer mit Wasser. Dann durchflutet das Glück jeden Menschen und alle werden einander gut sein.
Weil Gott sich aufgemacht hat in unsere Nähe, hat diese Welt ihren Anfang genommen. Wir erinnern uns zu recht gerade im Advent an diese Vision. Und könnten deshalb gut schon mal beginnen mit dem Frieden.
Martina Kreidler-Kos, Frauenseelsorge Osnabrück