Die Ruhe im Sturm

Hängemattte
Bild: unsplash.com, Vu Thu Giang

In jenen Tagen kam Elija zum Gottesberg Horeb. Dort ging er in eine Höhle, um darin zu übernachten. Doch das Wort des Herrn erging an ihn: Komm heraus und stell dich auf den Berg vor den Herrn! Da zog der Herr vorüber: Ein starker, heftiger Sturm, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, ging dem Herrn voraus. Doch der Herr war nicht im Sturm. Nach dem Sturm kam ein Erdbeben. Doch der Herr war nicht im Erdbeben. Nach dem Beben kam ein Feuer. Doch der Herr war nicht im Feuer. Nach dem Feuer kam ein sanftes, leises Säuseln. Als Elija es hörte, hüllte er sein Gesicht in den Mantel, trat hinaus und stellte sich an den Eingang der Höhle.

1. Könige 19,9ab.11b-13

 

„Die Ruhe vor dem Sturm“ ist nicht nur ein Naturphänomen, sondern auch ein geflügeltes Wort. Daran fühle ich mich erinnert, wenn ich die erste Lesung und auch das Evangelium (Mt 14,22-33) dieses Sonntages lese bzw. höre. Wobei, um genau zu sein, muss ich das ein bisschen abändern in: „Die Ruhe nach dem Sturm“ oder meines Erachtens noch besser in: „Die Ruhe im Sturm“.

Ich bleibe mal bei der Erzählung, wie der Prophet Elija am Horeb Gott begegnet. Was hier so klingt, als wäre Elija Gott quasi aus heiterem Himmel einfach so begegnet, hat eine dramatische Vorgeschichte (1 Kön 18,1 – 19,8): Mit all seiner Leidenschaft hatte sich Elija dafür eingesetzt, dass sich das Volk Israel von seiner Verehrung heidnischer Gottheiten abwendet. Er hatte wirklich alles gegeben, mit dem Ergebnis, dass er mit dem Tod bedroht wurde. Von Angst ergriffen floh er in die Wüste. Am Ende seiner Kräfte und mit der Ernüchterung, dass all sein Engagement ins

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Leere gelaufen ist, wünschte er sich den Tod. Heute würden wir vielleicht davon sprechen, dass Elija unter einem Burnout litt. In dieser Situation wendet sich Gott Elija zunächst durch einen himmlischen Boten zu und stellt ihm das Lebensnotwendige – Brot und Wasser – zur Verfügung. Aber nach allem, was Elija durchgemacht hat, reicht das zwar, dass er aufstehen und losgehen kann, aber noch nicht dafür, dass er seine Aufgabe wieder aufnehmen und bewältigen kann. Lange Vorgeschichte, kurzer Sinn: Inmitten eigener Lebensstürme und -erschütterungen wird Elija am Horeb die Erfahrung zuteil, dass Gott nicht mit Macht und Gewalt, nicht tosend und donnernd über einen hereinbricht, sondern ganz im Gegenteil sich sanft und leise zeigt.

Gott ist und bleibt hier die Ruhe selbst, lockt und streckt sich Elija entgegen. Egal, welche inneren Kämpfe und Zweifel dieser ausficht, egal, in welcher schier ausweglosen Lage er sich befindet. Genau so Jesus, der sich seinen Jüngern zuwendet, die mit heftigem Gegenwind kämpfen, der Petrus darin so viel Sicherheit vermittelt, dass der einfach aus dem Boot steigt, um Jesus entgegen zu gehen, und sich an ihm festhalten kann, als er droht unterzugehen, weil ihm klar wird, auf welch ein Wagnis er sich eingelassen hat.

Zwei frohe Botschaften, die davon erzählen, dass in all dem Getöse und den Erschütterungen meines Lebens einer sich mir zuwendet, der die Ruhe selbst ist und oft eher in den unscheinbaren und stillen Momenten und Ereignissen sich ent-decken lässt. So oft scheint mir Gott fern zu sein, wie abwesend. Die biblischen Erzählungen des heutigen Sonntags, gerade die von Elija am Horeb, locken mich, den Lebendigen woanders zu suchen und zu finden. Im Lebenschaos still zu werden und der „Stimme schwebenden Schweigens“ (Martin Buber, für „sanftes, leises Säuseln“) zu lauschen.

Inga Schmitt