Ein Grund zur Freude
„Was ist Ihr liebster Bibelvers?“ – eine beliebte Frage in Interviews mit Kirchenvertretern oder Theologinnen. Dient oft als Intro oder noch besser als versöhnlicher Schluss, wenn es erst mal um kritische Themen gehen soll. Und von denen gibt es ja derzeit mehr als genug.
Eine kleine Spielerei, aber ich kann die Frage dennoch beantworten. Und zwar grade jetzt. Mein liebster Vers steht im Buch des Propheten Nehemia: „Die Freude an Gott ist eure Stärke.“ (Neh 8,10) Fühlen wir uns derzeit vielleicht deshalb so schwach, weil vieles so freudlos geworden ist? Wo man hinschaut – Krise: Kirchenkrise, Wirtschaftskrise, Gesundheitskrise, Herzenskrise … Wir sind alle miteinander so traurig geworden.
Klar, es gibt auch Anlass genug: erst die Erschütterungen des Missbrauchsskandals, dann diese elende Pandemie, der Knatsch mit Rom – die Liste ließe sich beliebig verlängern. Da gibt’s nichts schönzureden und schon gar nichts wegzuwischen. Wir stecken tief im Sumpf. Aber heißt das jetzt, wir begraben unsere Freude am Glauben? An der Botschaft vom Leben, das stärker ist als der Tod? An Gott, der nicht will, dass das Düstere, Traurige, Dunkle die Oberhand behält, sondern das Helle, Frohe, Liebevolle? Der sich dafür so mächtig ins Zeug gelegt hat, dass sein Einsatz für das Leben unüberbietbar bleibt?
Über die Autorin
Martina Kreidler-Kos ist Leiterin des Osnabrücker Seelsorgeamts. Ihr liegen die großen Fragen der Kirche am Herzen – aber auch die kleinen, alltäglichen und nur scheinbar nebensächlichen Dinge.
Es gibt den Brauch des Osterlachens. Menschen tragen ihre Freude an Gott in den Gesichtern. Sicher kann man Freude nicht aufsetzen, wie eine Maske, derzeit schon gar nicht. Aber man könnte sich mal wieder auf die Suche machen in all diesem Elend. Was ist mir trotz allem ein Grund zur Freude? Wo steckt ein Augenzwinkern Gottes in diesen Tagen? Wo seine zuversichtliche Handschrift? Wir könnten versuchen, uns auszubuddeln aus der allgemeinen Tristesse und einander Gutes erzählen, Glückliches teilen, Frohes zusprechen. Damit ist noch keine Krise gewonnen. Aber vielleicht kommen wir so gemeinsam wieder zu Kräften, all diesen Krisen konstruktiv zu begegnen.