Ein streitbarer Christ und Priester

Fußspuren
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Am 3. März 2020 wurde Ernesto Cardenal in der neuen Kathedrale in Managua (Nicaragua) beerdigt. Zeit seines Lebens war er eine Provokation. Er studierte Philosophie, Literaturwissenschaft und katholische Theologie und wurde 1965 zum Priester geweiht. Er lebte einige Zeit in einem Trappistenkloster. Auf dem Archipel Solentiname gründete er dann eine Lebensgemeinschaft, die sich an den Grundsätzen der urchristlichen Gemeinde ausrichtete.

Nach dem Sturz des Diktators Anastasio Somoza wurde Ernesto Cardenal Kulturminister in der neuen Regierung. Er setzte sich besonders für die Alphabetisierung der Armen ein. Später verließ er die sandinistische Partei aus Protest gegen den Lebens- und Führungsstiel von Präsident Daniel Ortega. In Deutschland wurde Ernesto Cardenal mit dem Friedenskreis des Buchhandels ausgezeichnet. Papst Johannes Paul II. kritisierte ihn bei seinem Besuch in Nicaragua 1985 scharf. Später wurde er von seinem Amt als katholischer Priester suspendiert. Papst Franziskus hob alle Sanktionen gegen ihn wieder auf. Am 1. März 2020 starb er im Alter von 95 Jahren.

Über den Autor

Theo Paul ist Domkapitular und unter anderem für die Krankenhäuser, Klöster und geistlichen Orte im Bistum Osnabrück zuständig. In seinen Blogbeiträgen greift er gerne aktuelle Themen auf.

Ernesto Cardenal war ein streitbarer Christ und Priester. Er hat sich von der Bergpredigt provozieren lassen und hat andere provoziert. Ich bin heute noch dankbar für sein „Buch von der Liebe“. Es gehört zu meiner Jugend- und Studentenzeit. In diesem Buch veröffentlichte er mystische Meditationen, eine Spiritualität der Schöpfung, die immer wieder ins Staunen führt und Begeisterung auslösen kann. Für Ernesto Cardenal war die Verbindung mit Christus, die Verbindung mit Gott das Wichtigste in seinem Leben. Er betete:

 

Ich würde zu Fuß bis ans Ende der Welt laufen,
wenn ich dich dort finden würde.
Aber du bist nicht am Ende der Welt,
sondern in mir.
Alle Blicke der Liebe dieser Welt
sind in deinem Blick,
und deine Augen sind in meine Augen getaucht.
Durch alle Ewigkeit hindurch – durch alle Ewigkeit hindurch sehen sie mich an.