Es ist hohe Zeit, an Gott zu denken
Zu den zentralen Erkenntnissen in der Viruspandemie gehört eine Wahrheit, von der man sonst oft nichts wissen will: Es gibt schuldloses Schuldigwerden. Der andere kann mich allein durch seine Nähe, ohne sein Wollen und sein Wissen in Gefahr bringen und umgekehrt.
Aber es geht auch noch weiter. Manche passen nicht auf, halten sich an keine Regeln, andere sind einfach ratlos und kennen sich nicht mehr aus. Probleme mit der Autorität spielen da eine Rolle. Das öffentliche Bewusstsein von Verbundenheit, Individualität und Freiheit spielen hinein. Emotionale Überforderungen führen zu einer Grundstimmung der Defensive, der Müdigkeit und Resignation. Gesetze und Regelungen werden maximal oder minimal ausgelegt mit massiven Auswirkungen für das leitende Personal. Da wird ein Schlupfloch gesucht, damit man harte Regelungen umgehen kann, oder man entdeckt ein Haar in der Suppe, um nicht selbst Verantwortung übernehmen zu müssen. Da gibt es Konsumentenhaltungen, da wird es auf Kosten anderer gelebt, da sind massive Ängste.
Über den Autor
Theo Paul ist Domkapitular und unter anderem für die Krankenhäuser, Klöster und geistlichen Orte im Bistum Osnabrück zuständig. In seinen Blogbeiträgen greift er gerne aktuelle Themen auf.
Wenn wir uns die gegenwärtigen gesellschaftlichen und auch kirchlichen Verhältnisse anschauen, welches Bild bietet sich uns? Unübersichtlichkeit, Egoismus, Spaltung, Resignation, Trauer und Depression, Entsolidarisierung? Und wie reagieren wir darauf? Mit Rückzug, mit Defensive? Oder verdoppeln wir nun unser Arbeitspensum und unsere Geschwindigkeit, um nicht zu viel zum Nachdenken zu kommen?
„Nach dem wir das Ziel aus den Augen verloren hatten, verdoppelten wir unsere Anstrengungen“, so Mark Twain (1835-1910).
Es ist hohe Zeit, an Gott zu denken.
