Heutzutage Priester werden

Mann steht bei Sonnenuntergang am Strand
Bild: unsplash.com, Arnaud Mesureur

„Das ist jetzt ein Scherz, oder?“ Diese oder eine ähnliche Antwort bekommt Lukas Mey eigentlich immer zu hören, wenn er erzählt, was sein Berufswunsch ist. Priester werden? In der heutigen Zeit? Mit Zölibat und allem drum und dran? Da schütteln viele nur fassungslos mit dem Kopf.

Mey nimmt’s gelassen. „Es macht mir nichts aus, immer wieder die gleichen Fragen zu beantworten. Das muss ich ja, um zu zeigen, dass Priesteramtskandidaten ganz normale Menschen sind“, sagt er schmunzelnd und fügt hinzu: „Gerade in der aktuellen Situation der Kirche können wir es uns gar nicht erlauben, nicht mit den Leuten zu sprechen!“ Die aktuelle Situation, das sind Diskussionen über die Rolle der Frau in der Kirche, über den Umgang mit Homosexuellen, das Zöllibat und vor allem über den Missbrauch von Kindern und Schutzbefohlenen durch Priester und Ordensangehörige. Hinzu kommt, dass immer mehr Menschen aus der Kirche austreten. Gemeindestrukturen und Glaubensleben sind im Wandel. „Was da hilft, ist Optimismus und Realismus – Missstände sehen, ansprechen und angehen“, sagt Mey.

In die Berufung reingewachsen

Lukas Mey2019 gibt es im Bistum Osnabrück keine Priesterweihe, 2018 wurden zwei Männer zu Priestern geweiht, 2020 werden es vermutlich auch zwei sein. Lukas Mey ist einer von vier jungen Männern aus dem Bistum Osnabrück, die sich derzeit auf ihre Weihe vorbereiten. Der 26-Jährige ist im emsländischen Andervenne geboren und aufgewachsen. Er war dort schon als Kind in der Kirchengemeinde aktiv, später in der Jugendarbeit. Ein einzelnes Berufungserlebnis hatte er nicht: „Ich bin da mehr so reingewachsen, habe immer wieder gute Erfahrungen mit Kirche gemacht. Deswegen war für mich schon früh klar, dass ich im pastoralen Dienst arbeiten möchte.“ Die Entscheidung, Priester zu werden, habe sich dann im Theologiestudium gefestigt, berichtet er: „Ich habe gemerkt, dass ich Menschen auf ihrem kompletten Lebens- und Glaubensweg begleiten möchte – vor allem auch in der Eucharistie, denn die ist mir sehr wichtig und eine echte Kraftquelle in meinem Leben.“

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Und das Zölibat? „Das ist etwas, mit dem wir uns in der Ausbildung sehr viel auseinandersetzen“, sagt Mey. Natürlich sei eine Entscheidung für die zölibatäre Lebensweise kein leichter Entschluss. „Zuerst einmal möchte ich ja Priester werden, nicht zölibatär leben. Trotzdem gehört das Zölibat für mich dazu, und zwar so, dass man das nicht einfach mitnimmt, sondern dass man das auch wirklich annimmt für sich – ähnlich, wie man sich ja auch bei einer Ehe dazu entschließt, den Partner für den Rest seines Lebens anzunehmen, in guten wie in schlechten Zeiten. Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir hier im Priesterseminar über unsere Fragen und Zweifel ganz offen sprechen. Das hilft mir sehr, meinen Weg zu finden.“

Kurzinterview im Video

Seit zwei Jahren lebt Mey mit anderen Seminaristen im Priesterseminar in Münster, Ende des Jahres will er mit seinem Studium durch sein. Seine Abschlussarbeit würde er gerne über die Lübecker Märtyrer schreiben. Danach geht’s zum Gemeindepraktikum im Bistum und vielleicht auch noch ins Ausland. „Dann aber wahrscheinlich nicht in die ganz große Welt mit viel Trubel, das muss ich nicht haben, da kommt der Emsländer in mir durch“, sagt er lachend. Wenn alles nach Plan läuft, wird er 2021 zum Diakon geweiht und ein Jahr später zum Priester. Mey will sich aber nicht festlegen lassen: „Für mich ist ein bestimmtes Datum nicht so wichtig – wichtig ist, dass ich für mich selbst irgendwann sage: Ja, jetzt ist es so weit. Ich bin bereit.“

Lukas Mey im Kurzinterview gibt es unten im Video zu sehen. Darin beantwortet er unter anderem die Frage, ob es einen Fußballgott gibt, spricht emsländer Platt und erzählt von seinen guten Erfahrungen mit der Kirche:

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