Und es geschah

schwangerer Bauch
Bild: unsplash.com, Alicia Petresc

In jenen Tagen machte sich Maria auf den Weg und eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa. Sie ging in das Haus des Zacharías und begrüßte Elisabet. Und es geschah: Als Elisabet den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib. Da wurde Elisabet vom Heiligen Geist erfüllt und rief mit lauter Stimme: Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Denn siehe, in dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib. Und selig, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.

Lukas 1,39-45

 

Am 4. Adventsonntag lesen wir im Lukasevangelium von der Begegnung der schwangeren Maria mit ihrer ebenfalls schwangeren Verwandten Elisabeth, die die Mutter von Johannes dem Täufer sein wird.

Gleich nach der Verkündigung hatte sich Maria auf den Weg gemacht. Sie „eilte“ trotz Schwangerschaft bergauf und bergab. Warum nahm Maria die Mühe auf sich, ins Bergland zu gehen bis zum Haus ihrer Verwandten Elisabeth? Woher kam die Eile, was trieb sie an? Sicherlich war die Situation herausfordernd: eine uneheliche Teenagerschwangerschaft zu einer Zeit, in der vielleicht weniger das Alter als vor allem die Unehelichkeit schwer zu akzeptieren war.

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In der Verkündigungsszene (Lukas 1, 36) zeigt der Engel Gabriel auf Elisabeths Erfahrung: „Siehe, auch Elisabet, deine Verwandte, hat noch in ihrem Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar gilt, ist sie schon im sechsten Monat.“ Vielleicht wollte Maria erst mal sicher gehen, ob der Engel Gabriel mit seiner Aussage wirklich recht hatte? Oder wusste Maria bereits von der Schwangerschaft und suchte Rat bei ihrer älteren Verwandten Elisabeth, die ebenfalls eine ungewöhnliche Situation zu bewältigen hatte? Erkannte Maria vielleicht sogar schon in Elisabeths Erfahrung die Handschrift Gottes?

Und Elisabeth? Sie hatte sich, wie es im Absatz davor steht, „fünf Monate verborgen gehalten“ (Lukas 1, 24), hatte den Kontakt zu anderen wohl gescheut, mit keinem über ihre Schwangerschaft gesprochen. War es aus Scham, wegen der Blicke und Kommentare, so alt und noch schwanger? Oder nahm sie sich einfach Kraft und Zeit allein für sich und ihr Kind? Lukas schreibt, dass sie die Schwanger­schaft als Erlösung ihrer „Schmach unter den Menschen“ (Lukas 1,25) empfand, also als etwas durchweg Positives.

Zwei Personen, die vorher von einem Engel besucht wurden, treffen sich. „Und es geschah“ – Diese Wortverbindung richtet den Scheinwerfer neu aus: Jetzt passiert es.

Was Lukas beschreibt, ist, dass die Begegnung der beiden Gottes Geisteskraft freisetzt: In der Begegnung mit dem Wunder in dem jeweils Anderen schöpfen beide Kraft. Beide heben nacheinander zu prophetischen Reden an (der Ausschnitt des Evangeliums oben endet vor dem Magnifikat Mariens).

MosaikDiese Begegnung, die das Verhalten der beiden verändert, wird im Mosaik des Jesuiten und Künstlers Marko Rupnik dargestellt. Die Gesichter wirken ernst, es geht um ihr Leben. Maria drückt eine Schriftrolle an ihre Brust – das Wort Gottes ist für Sie „meinem Fuß eine Leuchte, ein Licht für meine Pfade.“ (Psalm 119, 105) und wird in ihrem Leib „Fleisch werden“. Die Geste von Elisabeth ist einladend, sie breitet den Mantel aus, sie neigt sich mit dem Kopf Maria zu. Beide weisen mit einer Hand auf ihren Bauch als das Werk Gottes in ihnen. In ihrem Inneren geschieht die Veränderung.

Sie sind eingeladen, das Bild eine Weile auf sich wirken zu lassen, sich eine der folgenden Fragen auszusuchen, die Sie gerade anspricht, und zu reflektieren:

  • Wann hat eine Begegnung in mir eine tiefe Freude ausgelöst? Kann ich Gottes Wirken, Gottes Licht darin erkennen?
  • Auch wenn es zuweilen aufwendig ist sich zu begegnen: Zu wem möchte ich bergauf und bergab eilen? In wessen Anwesenheit, in welchen Momenten spüre ich, dass der Geist Gottes in mir gestärkt wird für radikale Veränderungen verwurzelt im Glauben?
  • Steht vielleicht schon lange jemand vor meiner Tür und klopft? Müsste ich nur die Arme ausbreiten für eine Erlösung heute und jetzt?

Wir wünschen Ihnen eine gute Zeit der Vorbereitung in den letzten Tagen hin vor den Weihnachtsfeiertagen!

Roberto Piani und Irene Vogt