Warum nicht ich?

Frau schaut in die Kamera
Bild: AdobeStock.com, Davide Angelini

Darunter war eine Frau, die schon zwölf Jahre an Blutfluss litt. Sie war von vielen Ärzten behandelt worden und hatte dabei sehr zu leiden; ihr ganzes Vermögen hatte sie ausgegeben, aber es hatte ihr nichts genutzt, sondern ihr Zustand war immer schlimmer geworden. Sie hatte von Jesus gehört. Nun drängte sie sich in der Menge von hinten heran und berührte sein Gewand. Denn sie sagte sich: Wenn ich auch nur sein Gewand berühre, werde ich geheilt. Und sofort versiegte die Quelle des Blutes und sie spürte in ihrem Leib, dass sie von ihrem Leiden geheilt war. Im selben Augenblick fühlte Jesus, dass eine Kraft von ihm ausgeströmt war, und er wandte sich in dem Gedränge um und fragte: Wer hat mein Gewand berührt? Seine Jünger sagten zu ihm: Du siehst doch, wie sich die Leute um dich drängen, und da fragst du: Wer hat mich berührt? Er blickte umher, um zu sehen, wer es getan hatte. Da kam die Frau, zitternd vor Furcht, weil sie wusste, was mit ihr geschehen war; sie fiel vor ihm nieder und sagte ihm die ganze Wahrheit. Er aber sagte zu ihr: Meine Tochter, dein Glaube hat dich gerettet. Geh in Frieden! Du sollst von deinem Leiden geheilt sein.

Markus 5,25-34

Ich muss zugeben, manchmal fehlt auch mir als junge Frau, Mutter, Theologin, die Kraft und die Motivation, mich viel stärker für Gleichberechtigung in Kirche und Gesellschaft einzusetzen. Die einen nennen es Resilienz, die anderen Verdrängung. Auf jeden Fall kann ich in meinen Nischen im Moment gut sein – persönlich und beruflich. Schön für mich …
Aber wenn ich es zulasse, dann steigen Wut und Unverständnis in mir auf, dann kann ich je nach Tagesform nur müde lächeln und ironisch den Kopf schütteln oder in wortreichen, intensiven Diskussionen mit erhöhtem Puls debattieren.

Es kann doch nicht wirklich wahr sein, dass Papst Franziskus auf die Frage eines Journalisten, „ob ein kleines Mädchen, das heute im Katholizismus aufwächst, eines Tages die Möglichkeit haben wird, Diakon zu werden und als Mitglied des Klerus am Leben der Kirche teilzunehmen“ antwortet: „Nein“?

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Es kann doch auch nicht wahr sein, dass einige Bischöfe einem großen Jugendverband verwehren eine geeignete Kuratin zu wählen, obwohl sie alle formalen Kriterien erfüllt, aber vermutlich zu synodal und progressiv eingestellt ist?

Es kann doch nicht wahr sein, dass strukturell Berufung verhindert wird und ich mir meine Nische suchen muss, in der ich einigermaßen authentisch leben und arbeiten kann? Diskriminierung ist ein Frauenleiden!

Vielmehr muss doch für jede*n und erst recht in Kirche gelten: G*ttes „Siehe, es war sehr gut!“ gilt auch dir!
Du bist Ebenbild G*ttes!
Du bist richtig und geliebt so wie du bist!
Auch du bist gerufen, frei zu sein!
Die Verheißung, dass es Lebensmöglichkeiten in Fülle und Gerechtigkeit für alle gibt, gilt auch dir!

Danke allen mutigen, starken Frauen, die trotz allem immer wieder fragen: WARUM NICHT ICH? Die, wie die blutflüssige Frau aus dem Markusevangelium, sich dazwischendrängen. Die sich ein Herz fassen, sich selbst vertrauen und Gott zutrauen, dass sie ihrer Berufung folgen dürfen, dass nicht sie zu schwach oder ihr Glaube falsch sind, sondern die Trägheit der Masse zu groß und der Machterhalt von Wenigen zu verlockend. Danke auch den Männern, die sagen: Nicht ohne sie!

Vera Jansen