Christliche Friedensbotschaft

Peace-Zeichen
Bild: unsplash.com, Humphrey Muleba

Auch mich treibt es um: Wie kann ein Ende des Krieges in der Ukraine aussehen? Gibt es eine Perspektive aus der Friedensbotschaft des Evangeliums?

Bei meinen Überlegungen ist mir ein Satz aus der Geheimen Offenbarung des Johannes eingefallen: „Die Rettung kommt von unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und von dem Lamm“ (Off 7,10) .

Das rettende Lamm. Es ist ein besonderes Bild. Gott sitzt auf dem Thron, und das Lamm ist „wie geschlachtet“ mitten unter den Ältesten, die vor dem Thron stehen. Ich möchte mir den Anblick des Tieres gar nicht vorstellen. Die Ältesten fallen nieder und beten Gott an. Gott hat Macht, und zugleich ist er das wehrlose Lamm, das Schlachtopfer für die Menschen. Rettung geschieht durch die Macht Gottes und die Ohnmacht des Opfers. Innen- und Außenseite der Wirklichkeit. Der allmächtige Gott und das machtlose Gewaltopfer gehören zusammen. Dieses Paradox bestimmt auch unsere Taufe: Die aus der großen Bedrängnis kommen, sie haben ihre Gewänder weiß gemacht im Blut des Lammes (Offb 7,14). Es ist die neue Perspektive. Eine Perspektive zur Überwindung der Gewalt. Sie folgen dem Lamm, wohin es auch geht (Offb 14,4). Das ist der neue Weg.

Wie kann ich diese Erlösungstheologie auf den Ukraine-Krieg anwenden? Ich gehe davon aus, der Ukraine-Krieg kann noch lange dauern. Er zerstört Menschen, Tiere, Landschaften, Städte, Dörfer, und Generationen werden davon geprägt sein. Bisher scheint Wladimir Putin einen Großteil der russischen Bevölkerung hinter sich zu haben. Dieser russische Angriffskrieg wirft uns in vielen Bereichen der internationalen Politik um Jahrzehnte zurück.

Meiner Meinung nach analysieren wir viel zu wenig die Ursachen für diesen Krieg. Nach 1989 kam es zuerst zu einer Verschlechterung der Lebenssituation vieler russischer Bürger. Sie werden anfällig für Verschwörungstheorien und Fake News. Die Wirtschaftsstrategien des freien Westens überzeugen nicht. Sie verursachen neue Ungerechtigkeiten. „Diese Wirtschaft tötet“, sagt Papst Franziskus. Lösungen für ein neues soziales Miteinander, einen internationalen Frieden zeichnen sich nicht ab.

Ich frage mich immer wieder, welche Orientierung kann uns die christliche Friedensbotschaft geben? Ich verstehe Jesus in dieser Situation so, dass er sicherlich nicht die Menschen verurteilt, die sich gegen einen ungerechtfertigten unmenschlichen Angriff militärisch verteidigen, aber für ihn selbst wäre es unvorstellbar, eine Waffe in die Hand zu nehmen, um Menschen zu töten. In der Nachfolge des gewaltfreien Jesus von Nazareth zu leben, heißt für mich auch, sich gegen unmenschliche brutale Angriffe zu wehren. Ich leite aus der Gewaltfreiheit Jesu keinen fundamentalistischen Pazifismus ab, der für Leid unempfindlich ist und unterdrückte Menschen dem Schicksal überlässt.

Über den Autor

Theo Paul ist Domkapitular und unter anderem für die Krankenhäuser, Klöster und geistlichen Orte im Bistum Osnabrück zuständig. In seinen Blogbeiträgen greift er gerne aktuelle Themen auf.

Mir ist in den vergangenen Monaten ein Brief von Dietrich Bonhoeffer aus dem Jahre 1934 an Mahatma Gandhi in Erinnerung gekommen. In diesem Brief heißt es:

Die westliche Christenheit muss aus der Bergpredigt neu geboren werden; das ist der entscheidende Grund dafür, dass ich Ihnen schreibe. Aus all dem, was ich von Ihnen und Ihrer Arbeit weiß, nachdem ich Ihre Bücher und Ihre Bewegung über einige Jahre studiert habe, schließe ich, dass wir westlichen Christinnen und Christen von Ihnen lernen sollten, was mit dem Wirklichwerden des Glaubens gemeint ist und was ein Leben erreichen kann, das den politischen Frieden und dem Frieden zwischen ethnischen Gruppen gewidmet ist. Wenn es irgendwo ein sichtbares Beispiel für das Erreichen solcher Ziele gibt, sehe ich es in Ihrer Bewegung. Ich weiß selbstverständlich, dass Sie kein getaufter Christ sind; doch die Menschen, deren Glauben Jesus pries, gehörten zumeist auch nicht zu der offiziellen Kirche ihrer Zeit.

In Diskussionen und Kommentaren wird immer wieder betont, dass Mahatma Gandhi mit einer Gewaltfreiheit in der Ukraine keine Chance hätte. Ich weiß auch, ein gewaltfreier Widerstand in der Ukraine ist nicht die Patentlösung. Zugleich wissen wir, dass Waffen allein keinen Frieden bringen. Es geht darum, Verhandlungen über eine Beendigung des Krieges auf den unterschiedlichsten Ebenen einzuklagen. Wir können ein gesellschaftliches Klima vorantreiben, wo Alternativen neu bedacht werden, wo die Chancen von unterschiedlichsten Friedensstrategien geklärt werden. Als Christen können wir diese Prozesse durch intensives Gebet unterstützen und begleiten.

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