Drei Stunden Weg bis Emmaus
Es ist nach Ostern. Die Freundinnen und Freunde von Jesus haben seine Kreuzigung mitbekommen. Alle sind traurig oder tief verstört. Und dann die Nachricht vom leeren Grab. Das muss eine Achterbahnfahrt der Gefühle gewesen sein. So viele Tränen, so viel Düsternis, so viel Verwirrung liegt auf den Herzen dieser beiden Menschen, von denen das Evangelium prominent erzählt.
Sie sind von Jerusalem nach Emmaus unterwegs. Google Maps sagt, dass das 14 Kilometer sind. Der Evangelist spricht von 60 Stadien, was umgerechnet etwas mehr als 11 Kilometer sein dürften. Dafür bräuchte man etwa drei Stunden. Gesichert ist der biblische Ort allerdings nicht, es gibt mehrere Traditionen. Aber das ist nicht entscheidend. Viel wichtiger ist die Story: Zu den beiden kommt einer dazu. Ein bisschen wie im Kino. Als Zuschauerin oder Leser weiß man gleich, dass das Jesus ist. Aber die beiden, die so traurig sind über seinen Tod, wissen es nicht. Sie reden über das, was passiert ist und fragen erstaunt: „Hast du davon wirklich gar nichts mitbekommen?“ Dann beginnt Jesus zu reden, erklärt ihnen, warum Leiden auch Leben ist. Vielleicht eine ganz intensive Form. Aber dass es niemals das Ende von Leben ist. Für das Ende kennt er das Stichwort „Herrlichkeit“.
Über die Autorin
Martina Kreidler-Kos ist Leiterin des Osnabrücker Seelsorgeamts. Ihr liegen die großen Fragen der Kirche am Herzen – aber auch die kleinen, alltäglichen und nur scheinbar nebensächlichen Dinge.
Auf diesem Weg passieren zwei Dinge. Nicht, was man erwartet, dass die zwei sich an den Kopf schlagen und sagen: „Ja klar, jetzt endlich erkennen wir dich. Meine Güte, wie vernagelt kann man sein!“ Nein, die Geschichte ist feinsinniger. Die beiden fangen an, diesen „Fremden“ so zu mögen, dass sie unbedingt wollen, dass er bleibt. Und den beiden beginnt das Herz zu „brennen“. Auferstehung ist geheimnisvoll. Sie weckt eine Sehnsucht und sie entflammt. Aber sie bleibt auch verborgen, so sehr, dass sogar der Evangelist am Ende seiner Geschichte nur davon sprechen kann, dass Jesus, den beiden – als ihnen dann endlich die Augen aufgehen – sofort wieder entgleitet. Unsichtbar wird. Was bleibt, sind diese beiden österlichen Haltungen: Der Wunsch nach der Nähe Gottes und das brennende Herz!
Ob sie auch uns vergönnt sind, solche Sternstunden, wie die beiden sie am Ende der Geschichte erleben in dieser Herberge mit ihren müden Füßen und aufgewühlten Herzen? Als sie Jesus dann beim Brotbrechen erkennen? Wenn überhaupt werden es vermutlich – wie im Evangelium – nur Momente sein. Wirklich bleiben, fürs lange Weiterleben, dürfte uns allen der Wunsch nach seiner Nähe. Und das Herz in Flammen. Aber: Wenn wir eine Welt voller solcher brennender Herzen hätten, dann wäre sie ein wunderbarer Ort. Und wir wären gut vorbereitet für das, was Jesus „Herrlichkeit“ nennt.
Danke für diesen schönen Text . Das ist ein Evangelium was ich schon immer gerne gehört oder gelesen habe. Ist es möglich diesen Text in einer Trauergruppe zu schicken ?
Liebe Grüße Katharina
Hallo! Natürlich können Sie den (Link zum) Text gerne Weiterschicken! Mit freundlichen Grüßen: Annika Ehrbar, Stabsabteilung Kommunikation