Ein neuer Weg für die Kirche
Galeria Kaufhof schließt in Osnabrück. 25 Jahre hat dieses Kaufhaus das Leben der Menschen im Zentrum der Stadt Osnabrück mitgeprägt. Über 65 Mitarbeiter verlieren ihren Arbeitsplatz. Jahrelang wurde schon über die Zukunftsfähigkeit der Kaufhauskette diskutiert. Jetzt stehen 62 Filialen bundesweit vor der Schließung.
In den verschiedenen Kommentaren wurde die Ursache für die Schließungen im veränderten Kaufverhalten der Menschen aufgeführt (z. B. verstärkter Kauf per Internet, starke Konkurrenz auf der grünen Wiese, Attraktivität der Angebote usw.). Immer wieder wurde auch auf die Corona-Krise hingewiesen. Sie beschleunigt Entwicklungen, die sich schon seit einiger Zeit abzeichneten. Es wurde auf die bevorstehenden Veränderungen in den Innenstädten hingewiesen. Corona ist nicht nur für eine große Handelskette in Deutschland ein Krisenbeschleuniger. Es gibt viele Zeichen, dass auch andere gesellschaftliche Institutionen durch die Corona-Krise in der Relevanz und Arbeitsweise angefragt werden.
Auch die Kirchen in unserem Land werden durch die Corona-Krise mit beschleunigten Entwicklungsbedingungen konfrontiert. Der Jesuitenpater Bernd Hagenkord spricht von einer „Entkirchlichung auf Probe“. Nüchtern müssen wir feststellen: Viele Themen, über die wir in der Kirche diskutieren oder streiten, interessieren draußen immer weniger Menschen. Die Weitergabe des Glaubens kommt ins Stocken. Diese Entwicklung können wir als Bedrohung sehen und uns in Resignation vergraben. Wir können uns in Strukturdebatten verrennen. Es wird uns nicht weiterhelfen.
Nehmen wir einen Perspektivwechsel vor. Deuten wir die „Zeichen der Zeit“. Der Priester Peter Kossen zum Beispiel hat jahrelang gegen die Lebens- und Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie protestiert. Nicht wenige haben ihn als politisch einseitig abgelehnt. Jetzt zeigt sich in der Corona-Krise, wie berechtigt seine Kritik war und ist.
Über den Autor
Theo Paul ist Generalvikar und damit Stellvertreter des Bischofs und Leiter der Verwaltung des Bistums. In seinen Blogbeiträgen greift er gerne aktuelle Themen auf.
Vor fünf Jahren wurde die prophetische Schrift „Laudato si“ von Papst Franziskus veröffentlicht. Wir brauchen einen „Klimawandel“ der anderen Art: einen, der eine erneuerte sozial-ökologische Marktwirtschaft befördert. Der Papst fährt nach Lampedusa zu den Flüchtlingen, immer wieder macht er auf die Tragödie im Mittelmeer aufmerksam. Ob gelegen oder ungelegen, als Christen haben wir auf die Opfer der augenblicklichen politischen Entwicklung hinzuweisen und uns für sie einzusetzen. Mittendrin, nicht außen vor ist unser Platz, als Christen und Kirche.
In und nach der Corona-Krise wird das kirchliche Leben nicht wie im Frühling aufblühen. Das Bild der leeren Kirchen wird uns auch in Zukunft begleiten. In Corona-Zeiten können wir im Schnelldurchgang lernen, konstruktiv und kreativ damit umzugehen. Ich bin dankbar für viele Initiativen und Ideen, die es in der Corona-Krise in unserem Bistum gibt. Wir können uns digital positionieren, neue Zielgruppen ansprechen, Gottesdienste im kleinen Kreis feiern, durch Videokonferenzen Geld sparen, Bildungsprogramme anders anbieten, Wallfahrten neugestalten; kurzum: initiativ und kreativ Kirche sein. Darin besteht für mich ein neuer Weg für unser Christ- und Kirchesein im 21. Jahrhundert.
Also heisst das Gebot der Stunde zunächst einmal Qualität vor Quantität. Angesichts der sinkenden Mitgliederzahlen der einzig richtige Weg in eine zukunftsorientierte Kirche von heute und
morgen. Diese Prognose und Aufgabe für uns Gebliebene gefällt mir.
Zum Stichwort Mittendrin fällt mir ein Weiteres ein….in Cuxhaven oder Bremerhaven wäre evt. eine Einrichtung wie das ATRIUM in Bremen angesagt….u.U. notfalls auch als Pop-up Einrichtung.