Haltet Frieden!
Brüder und Schwestern, freut euch, kehrt zur Ordnung zurück, lasst euch ermahnen, seid eines Sinnes, haltet Frieden! Dann wird der Gott der Liebe und des Friedens mit euch sein. Grüßt einander mit dem heiligen Kuss! Es grüßen euch alle Heiligen. Die Gnade des Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!
2. Korintherbrief 13, 11-13
„Grüßt einander mit dem heiligen Kuss!“ Der Apostel Paulus sendet den zerstrittenen Christen in Korinth diesen Rat. So ein Kuss ist ja eine tolle Sache: Versöhnung, Gemeinschaft, Beziehung, Liebe und Verrat – alles kann ein Kuss zum Ausdruck bringen. Die Heilige Schrift und die Liturgie der Kirche – man glaubt es kaum – sind gleichermaßen voll von Küssen. Die online Redaktion des Bistums hat weltliches und religiöses zum Thema Küssen zusammengetragen – vom Weltrekord im Guinnessbuch der Rekorde über den Bruderkuss bis zum Altarkuss absolut lesenswert: https://bistum-osnabrueck.de/kuessen
„Grüßt einander mit dem heiligen Kuss!“ Das Paulus Wort macht in diesen Corona-Zeiten auf schmerzliche Weise bewusst, was viele vermissen: Wie wunderbar Nähe sein kann, wie sehr wir als soziale Wesen auf Berührung und Begegnung angewiesen sind. Und doch sagt die Vernunft: Abstand halten! Mund- und Nasenschutz tragen! Desinfizieren statt Berühren! Küssen verboten – das wussten schon „Die Prinzen“ in ihrem gleichnamigen Song! Aber mal ehrlich: Wer wollte einem Paar, das sich in diesen Tagen kennen und lieben lernt, den Kuss verbieten? – Gesundheit ist nicht alles, sagt die Liebe!
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Während so die Liebe das Leben feiert, erstickt sie andernorts unter den Knien von Hass und Rassismus. „Kehrt zur Ordnung zurück, lasst euch ermahnen, seid eines Sinnes, haltet Frieden!“ Diese Worte des Paulus, die er im Jahr 55 von Makedonien aus geschrieben hat, möchte man heute den Menschen in den USA zurufen: Haltet Frieden! Aber wäre das angesichts der schrecklichen und verstörenden Bilder nicht die berüchtigte „Friedhofsruhe“? Ein schwarzer Mann, der mit letzter Kraft immer wieder fleht: „Please, I can’t breathe!“ Das Knie eines Polizisten auf seinem Hals; andere, die tatenlos dem unbarmherzigen Töten zuschauen. Aber auch solche Polizisten – weiße wie schwarze – die im ganzen Land auf die Knie gehen angesichts dieser brutalen rassistischen Gewalt ihrer Kollegen.
Dagegen das Bild eines Präsidenten, der Spaltung und Gewalt predigt. Ausgerechnet vor einer Kirche posiert er, hält eine Bibel gleich einem Fremdkörper in die Kamera. Niemand weiß warum. Niemand hat ihn eingeladen. Eine couragierte katholische Ordensschwester kommentiert die Szene aus der Ferne: „Er hätte besser in die Bibel hinein geschaut, als sie in die Kamera zu halten.“ – Frieden ist nicht alles, sagt die Gerechtigkeit.
Gerrit Schulte, Diakon