Keine Gewalt gegen Frauen!

zerbrochener Teller
Bild: iunsplash.com, chuttersnap

„Kinderherzen sind zerbrechlich“ ist das Motto, unter dem in diesem Jahr in einer Aktionswoche im Landkreis Osnabrück über Gewalt gegen Frauen informiert wird. Denn oft sind nicht nur die Mütter, sondern auch die Kinder betroffen; sie haben selbst Angst vor Papa oder sie fürchten, dass er Mama etwas antut. „Kinder bekommen es immer mit, wenn die Mutter geschlagen wird“, sagt Helena Schilling.

Die Sozialpädagogin arbeitet im Frauen- und Kinderschutzhaus in Bersenbrück und ist außerdem in der Beratungs- und Präventionsarbeit tätig, als Beschäftigte von BISS; das Kürzel steht für Beratungs- und Interventionsstelle bei häuslicher Gewalt im Landkreis Osnabrück. Sowohl die Kontaktstelle BISS als auch das Frauen- und Kinderschutzhaus befinden sich in Trägerschaft des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) in der Stadt und im Landkreis Osnabrück, die Leitung der Einrichtung hat Helene Wiebe.

Nein zu häuslicher Gewalt
Helena Schilling und Helene Wiebe mit Material zur Aktionswoche gegen Gewalt an Frauen.

Schilling, Wiebe und ihre Kollegin Heike Bartling werden vom 21. bis 26. November 2022 auf Wochenmärkten im Kreis Osnabrück Kekse verteilen und mit einer Aktionspostkarte auf das Recht von Frauen auf ein Leben ohne Gewalt aufmerksam machen. Im Flyer, der über das Angebot der Beratungsstelle BISS informiert, werden Beispiel für Situationen genannt, die nicht rechtens sind: „Ihr Ehemann/Partner beleidigt Sie; sperrt Sie ein; droht Ihnen; schlägt, tritt oder stößt Sie; hat Wutausbrüche; kontrolliert Sie; verfolgt und belästigt Sie; zwingt Sie zum Sex; bestimmt über Ihr Leben. Dazu hat er kein Recht.“ Und weiter: „Häusliche Gewalt ist keine Privatangelegenheit, sondern ein Verstoß gegen das Recht jedes Menschen auf körperliche Unversehrtheit.“  Das Faltblatt rät Frauen, sich in einer akuten Gewaltsituation in Sicherheit zu bringen, zum Beispiel bei Nachbarn, und die Polizei zu rufen unter Telefon 110.

Nachdem die Polizei zu einem Einsatz hinausgefahren ist, informiert sie am nächsten Tag die zuständige BISS-Beratungsstelle, auch das Jugendamt erhält eine Nachricht und außerdem eine Beratungsstelle, die mit dem Täter Kontakt aufnimmt. Den Kontakt zur Frau knüpfen Helena Schilling oder Heike Bartling von BISS proaktiv und bieten ihr eine Beratung an. Diese findet an einem neutralen Ort statt. Die Frau kann erstmals über ihre Lage sprechen und dann überlegen, welche Schritte sie gehen will. „Trennung heißt ja nicht, sie geht weg und hat Ruhe vor ihm“, sagt Helena Schilling.

Hilfe zuhause und im Schutzhaus

In manchen Fällen hat die Polizei schon während des Einsatzes den Mann aus der Wohnung gewiesen. Das ist eine Möglichkeit, damit nicht die Frau und ihre Kinder das Haus verlassen müssen, diese Regel folgt der Devise „Wer schlägt, muss gehen“. Die Polizei kann dem Täter an dem Abend direkt verbieten, die Wohnung zu betreten und nimmt ihm die Schlüssel ab, der Täter soll sich der Frau nicht nähern. Auf einen Antrag der Frau hin kann ein Gericht ihr die Wohnung dann zunächst für bis zu sechs Monate zusprechen.

Weitere Infos

In anderen Fällen entscheiden sich Frauen, ins Frauen- und Kinderschutzhaus zu flüchten, damit der Mann sie nicht aufspüren kann. Dorthin können sie sich retten, zur Ruhe kommen und in den ersten drei Tagen überdenken, was sie tun wollen, zum Beispiel, ob sie nach Hause zurück gehen möchten, um sich zu versöhnen und ihm eine weitere Chance zu geben. Auch diese Fälle kommen vor, „schließlich hat man ja auch aus Liebe geheiratet“, sagt Helene Wiebe. Nach drei Tagen im Schutzhaus sollte klar sein, ob sie bleiben wollen, denn nach dem Meldegesetz muss man sich ummelden, ggf. müssen die Kinder in einer neuen Schule angemeldet werden. Das klappe in Bersenbrück ganz hervorragend, sagt Helene Wiebe, sowohl die Schulen als auch die Kindertagesstätten bemühten sich sehr, die neu hinzukommenden Kinder zu integrieren. Im Schutzhaus selbst arbeitet auch eine Erzieherin, die für die Kinder Ansprechpartnerin ist. Mit ihr können Mädchen und Jungen über das lange gehütete Geheimnis, dass Papa schlägt, sprechen. In Fällen, in denen eine Frau zu ihrem Mann zurückzieht und bekannt ist, dass er auch gegenüber den Kindern gewalttätig war, informieren die Sozialarbeiterinnen das Jugendamt darüber.

Insgesamt stehen im Frauen- und Kinderschutzhaus Bersenbrück Plätze für acht Frauen mit ihren Kindern zur Verfügung, verteilt auf zwei Standorte. Manchmal ruft die Polizei bei einem Einsatz an und fragt, ob Plätze frei sind. Dann können die Sozialarbeiterinnen des SkF zusagen oder im Computer nachschauen, welches Frauenhaus der Region freie Plätze gemeldet hat. Wer im Frauenhaus Schutz sucht, hat ein Quartier für den Übergang gefunden und muss sich dann eine eigene Wohnung besorgen. Am neuen Wohnort werden die Frauen dann noch eine Weile von den Sozialpädagoginnen des SkF begleitet, für die Kinder steht Erzieherin Mechtild Möller als Vertraute bereit.

Rund um die Uhr erreichbar

Das Bersenbrücker Frauen- und Kinderschutzhaus ist rund um die Uhr erreichbar unter der Telefonnummer 05439/3712. Wenn die Beschäftigten des SkF Feierabend haben, stellen sie abends auf ein Rufbereitschaftstelefon um. Dieses Rufbereitschaftshandy wird nach einem bestimmten Plan zusammen mit dem Schlüssel unter Ehrenamtlichen weiter gegeben, die zwei Tage lang für den Notdienst zuständig sind. Wenn es klingelt, klären sie, ob ein Fall von häuslicher Gewalt vorliegt. Wenn die Anruferin ins Schutzhaus kommen möchte, erklären sie den Weg und holen sie am Bahnhof oder an einem Supermarktparkplatz ab. Im Frauenhaus nehmen sie dann kurz die Personalien auf, zeigen das Zimmer und den Notvorrat an Lebensmitteln. Um alles Übrige kümmern sich am nächsten Tag Helene Wiebe und ihr Team.