Auferstehung hat ihr eigenes Timing
Ostern ist anders – vor allem in diesem Jahr. Man staunt über freie Autobahnen und Kirchenbänke, den leeren Petersplatz in Rom und die verlassenen Flaniermeilen an touristischen Hotspots. Sonst überfüllte Strände sind frei bis zum Horizont, die Stühle vor den Straßencafés bleiben überall leer. Für dieses „anders“ gibt es derzeit tausend Bilder. Auch beim virtuellen Kirchgang – unser Bischof sagt in seiner Osterbotschaft, vielen bleibe das Halleluja noch im Halse stecken.
Stimmt, wir müssen in diesem Jahr die kleinen Halleluja-Momente sammeln: Mein Vater im Pflegeheim, der sich an Ostern 1945 erinnert und am Telefon lange davon erzählt. Meine Mutter, die schreibt, so sehr sei sie noch nie bedacht worden mit guten Gedanken, Fotos, Kommentaren, Telefonaten und Post.
Über die Autorin
Martina Kreidler-Kos ist zuständig für die Ehe- und Familienseelsorge. Natürlich liegen ihr diese Themen besonders am Herzen – aber nicht nur. Sie hat im Alltag ein wachsames Auge. Denn dort trifft sie auf große Dinge oder nur scheinbar kleine Nebensächlichkeiten.
Ein befreundetes Paar, das seinen Jahrestag alleine feiert, aber entzückt ein liebevolles kleines Glückwunsch-Video mit uns teilt, das Freunde für sie am Küchentisch gedreht haben. Ich zünde in der Osternacht unserer Kerze am Fenster an und entdecke ganz unerwartet eine zweite unten in der Straße. Unser Jüngster findet „Beten vor dem PC“ schwierig, aber er stellt sich den Wecker, damit wir nicht allein beim Osterfrühstück sitzen müssen. Wir veranstalten am Ostersonntag zum ersten Mal einen Familien-Video-Chat und sind für einen Moment alle zusammen.
Auf das große Halleluja müssen wir noch warten. Das aus tiefstem Herzen kommt, wenn alles überstanden ist. Das wir gemeinsam singen, wenn sich alle wieder in den Armen liegen. Offensichtlich hat die Auferstehung ihr eigenes Timing. Wir bestimmen nicht, wann sie stattfindet. Aber wir vergewissern einander hoffnungsvoll, dass sie es tun wird!