Die Erde für Ostern bereiten

Kirschblütenzweig
Bild: unsplash.com, Nitish Menü

Vor kurzem las ich in dem Kirchenmagazin „Andere Zeiten“, Hamburg, auf der letzten Seite folgende Zeilen:

Bumerang

Ein Indianerstamm besuchte einen Schamanen, der für seine große Weisheit bekannt war, um ihn nach den Wetteraussichten zu fragen. Der Schamane trug eine Menge Holz zusammen, entzündete ein Feuer und warf verschiedene Kräuter hinein. Dann tanzte er singend um die Flammen und rief die Geister an. Schließlich ließ er die Indianer wissen: „Es kommen harte und eiskalte Zeiten auf Euch zu. Der Winter wird sich in diesem Jahr weit ins Frühjahr hineinziehen. Sammelt reichlich Holz, denn sonst werdet ihr erfrieren!“ Ein paar Tage später war sich der Schamane seiner Sache selbst nicht mehr so ganz sicher. Also rief er beim Wetterdienst an und erkundigte sich nach den Prognosen für die kommenden Wochen. „Die werden richtig hart!“, hieß die übereinstimmende Antwort der Meteorologen. „Daran gibt es keinen Zweifel. Denn es wimmelt überall nur so von Indianern, die wie wahnsinnig Holz sammeln!

Über den Autor

Johannes Wübbe ist Weihbischof in unserem Bistum. Auf wen er in seinem Alltag trifft und was ihn bewegt – wir werden das in seinen Blogbeiträgen verfolgen.

Gott sei Dank stehen die Zeichen der Natur bei uns nicht auf einen langen Winter, im Gegenteil: Der Frühling steht vor der Tür. Die Zeichen dafür sind eindeutig. Was aber, wenn die Zeichen in der Natur oder auch im Leben nicht immer so eindeutig sind? Da hat die humorvolle Erzählung zwischen den Zeilen eine durchaus ernste Botschaft für „Schamanen“ wie auch für „Indianer“:

Die „Schamanen“ mögen sich sagen lassen: Es ist überhaupt nichts dagegen einzuwenden, wenn Menschen jemanden fragen, dem sie in einer Sache eine besondere Kompetenz zutrauen. Doch vertrauen dir Menschen, lassen sie sich sogar von dir in existentiellen Fragen einen Rat geben, dann musst du umso sensibler dafür sein, was du ihnen wirklich empfehlen kannst – besonders dann, wenn deine Empfehlungen womöglich das Leben wesentlich beeinflussen werden.

Und für die „Indianer“ lässt sich aus der Geschichte lernen: Es ist grundsätzlich nicht problematisch, sich Menschen anzuvertrauen oder Rat einzuholen – aber dabei bitte nie mit dem eigenen kritischen „Nach-Denken“ aufhören! Dann manchmal lieber öfter nachfragen oder eine weitere Meinung einholen, anstatt sofort das Leben auf einen einzigen Rat hin drastisch umzustellen! Es könnte schlimmer werden, als Holz zu sammeln …

Viele Menschen haben auch Jesus gefragt, was sie in und aus ihrem Leben machen sollen. Er hat ihnen Antwort gegeben auf eine ganz eigene Art und Weise. Sehr oft hat er das Gespräch eröffnet mit der Frage: „Was willst du denn selber?“ Immer hat er letztlich den anderen und dessen Leben ernst genommen; und nicht selten hat dann nicht er, sondern der Fragende die Antwort gefunden und formuliert.

Eines ist jedenfalls mit Blick auf den Frühling eindeutig: Er will – wie sich in Anlehnung anbei einen alten Hymnus formulieren lässt – die Erde für Ostern bereiten. Und Ostern ist ebenso eine eindeutige Antwort Gottes angesichts aller Zweifel: Am Ende will er allen und allem Leben schenken, das nicht mehr vergeht!

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