Hoffnungstöne zur Fastenzeit 2022

Plattenspieler mit LP
Bild: AdobeStock.com, Pixel-Shot

Innehalten, mal kurz auf Stopp drücken – auch dazu lädt die Fastenzeit oder österliche Bußzeit ein. Abstand gewinnen, Kraft schöpfen, die Hoffnung nicht verlieren und vielleicht auch beten. Wie wichtig das ist, daran möchten die „Hoffnungstöne“ erinnern. Jeden Montag in der Fastenzeit bieten sie unter der Motto „time out“ neue Musik und einen kurzen inspirierenden Text für die Woche. Mit dem Impuls am Ostermontag enden die Hoffnungstöne.

Montag, 18. April: Ostern – wir feiern das Leben

„Auf das, was da noch kommt
Auf jedes Stolpern, jedes Scheitern
Es bringt uns alles ein Stück weiter zu uns
Auf Euphorie und alles Leichte
Hoff′, das wird lange noch so bleiben für uns
Auf das, was da noch kommt.“

Lotte und Max Giesinger: Auf das, was da noch kommt

Da stehen sie zusammen, die Freundinnen und Freunde, die gerne zusammen sind. Fröhliche Musik spielt, der ein oder andere wippt schon mit dem Fuß im Takt. Die Korken knallen, die Gläser klirren. Es klingt nach guter Laune: Stimmengewirr und Schweigen, Erzählen und Zuhören, Lachen und Nachdenken, alles durchzogen von einer Grundstimmung der Erleichterung.

Nach den Sorgen und Ängsten, dem Leid vor Augen und der Trauer im Herzen ist da jetzt etwas ganz anderes: hoffnungsvolles Staunen über das größte seiner Wunder!

Jesus, der Freund, lebt. Er hat den Tod überwunden. Er ist auferstanden. Für immer und für uns alle. Kaum zu begreifen, eher zu fühlen.

In diese Hoffnung und diese Ermutigung hinein feiern wir das Leben!

In die Feier des Lebens, kann es sich lohnen, noch einmal die ganze Palette an Gedanken und Emotionen der vergangenen Woche einzuholen. Zerbrechlichkeit, Verletzlichkeit, Motivation und Blockaden, Fürsorge und Hoffnung, all das, was das Leben ausmacht – zusammengeführt in eine Feier und eine Playlist.

„Auf das, was da noch kommt!“ Egal, was kommt, wir ahnen: Das Leben ist gut!

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Montag, 11. April: Karwoche – Hoffnung

„Das Leben ist kurz, das Leben ist schön. Und traurig auch, gelegentlich.“

Die Ärzte: Leben vor dem Tod

„This sucks and Jesus cares” – Eine Postkarte mit diesem Spruch hängt seit Mitte der Coronapandemie in meinem Büro. Ich habe sie geschenkt bekommen und ich mag sie. Sie gibt mir Hoffnung.

Zugegeben, auf den ersten Blick klingt die Botschaft etwas platt und naiv. Aber für mich liegt da mehr drin. Hier wird nicht mal versucht, etwas schönzureden. Es ist eine schonungslos ehrliche Aussage „this sucks“: Der Krieg in der Ukraine, die anhaltende Coronapandemie, der alltägliche Frust, die ganz persönliche Sorge …

Und diese Haltung, Dinge auch mal unumwunden beim Namen zu nennen und nicht zu beschönigen oder vorschnell mit einem Trost um die Ecke zu kommen, ist mir sympathisch – auch in meinem Glauben.

In den kommenden Tagen der Karwoche wird das für mich als Christ besonders greifbar. Die biblischen Erzählungen von den letzten Tagen Jesu, von seinem Leiden und Sterben, kommen ganz ohne Kitsch aus: Er leidet. Er hängt am Kreuz. Er stirbt. Das Leid, der Schmerz und die Frage nach dem Warum wird nicht vertuscht oder mit Blumendekoration geschönt.

Grausam und manchmal schwer auszuhalten, aber für mich – in meinem Glauben – liegt darin die Gewissheit: Jesus ist da im Leid, im Tod, in der Krise. Genauso wie in aller Freude, Ausgelassenheit und Liebe.

Das gibt mir Hoffnung. Für mich macht genau diese unzensierte Ehrlichkeit den Glauben an „Jesus cares“ glaubwürdig. 

Was gibt eigentlich Ihnen Hoffnung? 

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Montag, 4. April: Die Komfortzone verlassen

Ich tausch‘ ’n bisschen Mut gegen tolle Aussicht. Und wie das geht? Digga, weiß ich auch nicht.
Wer’s nicht versucht, ist irgendwann ganz traurig …

Fynn Kliemann: Alles was ich hab

Nike ist fünf Jahre alt und ich kenne sie eigentlich nur mit „Eddi“ auf dem Arm. Eddi ist Nikes Stoffbär, den sie zur Geburt geschenkt bekommen hat. Seitdem ist er ihr treuer Begleiter und ihr Mutmacher. Ohne Eddi hat sie sich lange nicht in die Kita getraut und im dunklen Zimmer schlafen, das ging ohne Eddi gar nicht. Vor ein paar Tagen stand Nike vor mir, schaute mich mit großen Augen an, und hielt mir Eddi entgegen. „Du kannst ihn nehmen. Du kannst Eddi einem Kind geben, dass ihn jetzt braucht, weil es Angst hat.“ Sie hat wohl doch mehr von dem Gespräch zwischen ihrer Mutter und mir mitbekommen, als wir dachten.  Ich habe von zwei Müttern und ihren Kindern berichtet, die ich getroffen habe. Sie sind vor dem Krieg aus der Ukraine geflüchtet und so dankbar sie um die Sicherheit in Deutschland sind, so verunsichert, ängstlich und eingeschüchtert sind sie auch, besonders die Kinder.

Ein bisschen ratlos und planlos stehen wir beiden erwachsenen Frauen da und wissen nicht, was wir tun können. Bis uns Nike zeigt, wie es geht. Mit einem tiefen Verständnis und Einfühlungsvermögen erkennt sie, was oder vielmehr wer zumindest schon mal einem Kind helfen könnte: ihr Eddi, der ihr schon so oft Sicherheit und Trost gegeben hat. Das muss für sie eine Überwindung sein, ihn abzugeben. Sie traut sich da ganz schön was, um einem anderen Kind zu helfen. Nike rührt mich zu Tränen. Und treibt auch mich an, mich auf das zu besinnen, wovon ich sonst so gerne erzähle: durch aktives Handeln und gelebte Nächstenliebe Gott in dieser Welt eine Chance geben, etwas Gutes zu wirken – durch uns.

So entsteht, angeregt durch Nikes mutiges Beispiel, durch die Vernetzung mit geflüchteten Frauen und Kindern, Vertreter*innen der Stadt und der Kirchen vor Ort, eine große Sammelaktion für Geflüchtete, die in unserer Stadt zumindest übergangsweise zu Hause sind. Es kann so einfach sein, etwas Gutes zu tun. Und doch muss ich dafür auch mal meine Komfortzone verlassen: auf neue, mir fremde Menschen zugehen, sie verstehen wollen, Liebgewonnenes loslassen, mutig sein, Schritte gehen, die mir nicht nur leichtfallen – ganz nach dem Motto „Ich tausch‘ ’n bisschen Mut gegen tolle Aussicht“. Um die Welt ein bisschen lebenswerter zu machen.

Vielleicht kann ich in dieser Woche auch meine eigenen Komfortzonen verlassen, um etwas Gutes zu tun?

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Montag, 28. März: Schweinehund

Ich pflanz‘ ’n Samen in meinem Garten. Lass die Leute reden, lass die Welt ’n bisschen warten.

Gentleman: Garten

Kennen Sie ihn? Den Schweinehund? 

Bei mir schaut er immer mal wieder vorbei. Und sein größtes Talent ist es, meine Motivation kaputt zu reden. Meist klopft er an, wenn ich versuche, den Ansprüchen anderer und meinen eignen gerecht zu werden. Wenn ich mit all den Dingen, die erledigt werden wollen, zu denen ich mich aber nicht recht aufraffen kann, beschäftigt bin.

In meinem ersten Semester an der Uni hatte ich ein Seminar zum Thema „Zeitmanagement”. An vieles erinnere ich mich nicht mehr, aber ein Beispiel des Professors war so prägend, dass es mir bis heute in den Sinn kommt, wenn ich auf der Suche nach Motivation bin. Er erzählte uns, dass es wichtig sei, sich jeden Tag etwas vorzunehmen, auf das man sich wirklich freut. Etwas, mit dem man sich selbst belohnt. Für ihn sei es heute, Äpfel von seinem Apfelbaum im Garten zu pflücken. Da er aber erst nach Einbruch der Dunkelheit dafür Zeit haben werde, werden die Äpfel eben im Dunkeln mit Stirnlampe gepflückt … Das fand ich damals ziemlich bizarr, aber erinnern tue ich mich bis heute dran. Und ganz unrecht hatte er ja nicht: Dinge, auf die ich mich freue, motivieren mich, konzentriert und fokussiert meine To-do-Liste abzuarbeiten.

Zugegeben: Im Dunkeln mit Stirnlampe Obst zu pflücken, motiviert mich nicht. Aber eine Verabredung mit Freunden, ein Kaffee in der Sonne, ein Besuch im Freibad oder Gärtnern … 

Und Sie? Was motiviert Sie dieser Woche?

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Montag, 21. März: Sockenaufforderung

Falls sie dich fragen „Bist du allein‘ hier?“, sag ihnen: „Nein, denn ich bin mit allen hier.“

Die Fantastischen Vier feat. Clueso: Zusammen

Montag, viel zu früh morgens stehe ich müde vor meinem Schrank und überlege, was ich anziehe. Heute denke ich besonders über meine Socken nach. Ja, richtig gelesen, meine Socken. Es sollen zwei verschiedene sein und möglichst bunt. Denn der 21. März ist Tag der Sockenaufforderung. Also eigentlich Welt-Down-Syndrom-Tag, aber seit vielen Jahren ist der Tag verbunden mit der Sockenaufforderung: Menschen tragen zwei unterschiedliche Socken, um die menschliche Einzigartigkeit zu feiern.

Das Ziel dieser Sockenaufforderung ist die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Menschen mit Down-Syndrom. Denn ihre Akzeptanz in der Gesellschaft, Aussichten auf dem Arbeitsmarkt und berufliche Möglichkeiten sind immer noch keine Selbstverständlichkeit. Mit bunten Socken und dem Hashtag #sockenaufforderung wird auf diese Situation aufmerksam gemacht. Eine große Zahl von Menschen erklärt sich solidarisch mit Menschen mit Down-Syndrom und ihren Familien – und damit auch solidarisch mit Forderungen nach Inklusion, Gleichberechtigung und Teilhabe aller Menschen in unserer Gesellschaft; solidarisch für ein Miteinander in der Buntheit, die wir mitbringen.

Weitere Infos

  • Schon im vergangenen Jahr gab es „Hoffnungstöne“ zur Fastenzeit. Die Texte und Playlists aus dem Jahr 2021 finden Sie hier.
  • Weitere Angebote zur Fastenzeit gibt es hier.
  • Friedensgebete und weitere Artikel zum Krieg in der Ukraine gibt es hier.

Manchmal sind es kleine Gesten und Handlungen, die Solidarität zeigen und dadurch Menschen das Gefühl geben, gesehen und ernst genommen zu werden mit ihrer Situation; sie erfahren zu lassen, dass sie Unterstützung haben. Das tut jedem Menschen gut. Braucht nicht jede und jeder von uns immer mal wieder solidarische Unterstützung?

Es kann sich lohnen, in dieser Woche zu schauen: Wem kann meine Solidarität guttun?

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Montag, 14. März: Pass auf deine Seele auf

Unser Kopf ist aus Stahl, wir sind hart.
Bis wir uns abends in den Schlaf legen – Nachbeben
Bloß ein Schock, doch noch Jahre danach
Sind unsre Herzen Porzellanläden – Nachbeben
Pass auf deine Seele auf!
Nachbeben
Pass auf deine Seele auf!

Alligatoah: Nachbeben

Mit drastischen und ungeschönten Worten wirft uns der Rapper Alligatoah entgegen „Pass auf deine Seele auf!“ In den Worten klingen so viel Bitterkeit und Schärfe mit, dass ich weghören mag und doch bleibe ich irgendwie an diesen Zeilen hängen, vielleicht weil ihre Botschaft in diesen Tagen so wichtig ist. Und vermutlich würde ein sanftes „Pass bitte auf dich auf“ gerade gar nicht bei mir ankommen.

Getrieben von dem Drang, die neuesten Entwicklungen im Ukrainekrieg möglichst direkt mitzubekommen, der wiederholte Blick auf die Eilmeldungen auf dem Handy, das Scrollen durch die sozialen Netzwerke, die Suche nach Informationen zu Hilfs- und Spendenmöglichkeiten – so viele ungefilterte Eindrücke von Krieg, Bombardierung und Flucht.

In der Spannung zwischen zwei Polen: auf der einen Seite der Krieg und das Leid, das er verursacht. Auf der anderen Seite mein Alltag, der weitergeht. Diese Spannung ist schwer auszuhalten. Und sie verschärft sich in Momenten, wo Scham aufkommt, weil ich einfach glücklich bin, mich freue, oder ich über alltägliche, kleine Probleme jammere – wo doch einige hundert Kilometer weiter so viel Leid geschieht. Mitten hinein in meine Spannung ruft Alligatoah: „Pass auf deine Seele auf!“

Als lautstarke Erinnerung, dass sich regelmäßig Zeit für sich selbst zu nehmen, gut zu sich zu sein, abzutauchen in sich selbst, einfach mal zu sein und sich vielleicht auch an Gott zu wenden, kein Egoismus ist, sondern notwendig. Es braucht eine Balance zwischen Selbst- und Nächstenliebe, die so schwer zu finden ist zwischen Krieg, Corona, Homeoffice, und so vielem mehr. 

„Pass auf deine Seele auf!“ – Danke Alligathoah, für den Reminder. Vielleicht klingt er in dieser Woche in uns nach.

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Montag, 7. März: Weiße Tauben im Krieg?

Ich schau‘ in den Himmel hoch, kann keine weißen Tauben sehen.
Schau in den Himmel hoch, kannst du noch weiße Tauben sehen?

Johannes Oerding: Weiße Tauben

Die vertonte Frage von Johannes Oerding scheint berechtigt. Kann ich noch eine weiße Taube sehen am Himmel dieser Welt? Die weiße Taube als DAS Symbol für Frieden … Eher nicht. Seit über einer Woche ist Krieg in Europa. Seit über einer Woche geht es mir wie vielen anderen: Ich schaue auf das Weltgeschehen und kann gar nicht in Worte fassen, was ich denke und fühle. Mein Gemütszustand wechselt von Entsetzen und Abscheu, bis Mitgefühl, von Wut bis Trauer, von Unruhe und Aktionismus bis Resignation und nimmt jede Emotion dazwischen mit.

Da soll ich weiße Tauben sehen? Voll Hoffnung auf ein Friedenszeichen in den Himmel schauen – oder gar auf die Welt? Es scheint doch eher so, dass es „total normal [ist], dass heute nichts mehr normal ist, dass nichts rational ist, der Wahnsinn regiert.“

Und dann … sehe ich engagierte Menschen, die so hoffnungsvolle Initiativen starten für ein Stück Frieden in all dem Krieg. Menschen, die Busse für Geflüchtete organisieren, Unterkünfte schaffen, Spendentransporte starten, die von großer Spendenbereitschaft leben. Ich staune über die Kreativität bei der Übermittlung von Nachrichten gegen Propaganda auf verschiedensten Kanälen, sehe unzählige Solidaritätsbekundungen weltweit, höre Gebete, die Hoffnung geben können, staune über Politiker*innen, die einig sind wie wohl nie in der jüngeren Geschichte, und über Unternehmen, die weniger auf Gewinn als auf Solidarität setzen.

In all dem Krieg, der gezeigt hat, wie fragil unser Friede ist, wie bedroht die großen Ideale von Demokratie, Freiheit und Selbstbestimmung sind, lassen sie sich doch immer wieder erkennen, die kleinen weißen Tauben im Himmel dieser verletzlichen Welt.

Ausschauhalten „nach den kleinen weißen Tauben” in all dem Chaos, vielleicht eine gute Idee für diese Woche.

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Zum Auftakt: Aschermittwoch, 2. März

Ich sitze auf dem Sofa und denk, ich muss mich anschnallen. Fernsehbilder stürzen auf mich ein, Gedanken werden Vasen, die mir dauernd aus der Hand fallen. Die Welt scheint nicht mehr bei Verstand zu sein.

Gentleman: Time Out

Dass die Fastenzeit auch in diesem Jahr anders verlaufen wird als üblich, war nach zwei Jahren Pandemie klar. Dass sie jedoch überschattet sein wird von einem Krieg in Europa, damit hat wohl kaum jemand gerechnet.

Die Ereignisse in der Ukraine erschüttern uns. Sie machen Angst. Wir sorgen uns. Solidarisieren uns. Fassungslos lesen wir jede weitere Pushnachricht zu Thema auf dem Smartphone, verfolgen den Verlauf des Krieges in den Nachrichten, sehen Bilder in den sozialen Medien.

Die Gleichzeitigkeit vom Alltag, den Dingen, die ganz normal in unserem Leben passieren, und dem Leid, das der Krieg verursacht, ist schwer auszuhalten …

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