In den letzten Tagen hatte ich viel Kontakt mit Familie und Freunden und in allen Gesprächen gab es zwei Themen: Bist du/seid ihr noch gesund? (Ja, sind wir!) Und nach der Feststellung, dass es für mich „normal“ ist, immer zuhause zu sein und Ausgangsbeschränkungen nichts Besonderes darstellen, kommt die Frage auf, wie ich das aushalten kann. Für einen Moment bin ich verlegen, ja, wie halte ich das aus?
Zunächst: Ein Kloster ist keine Wohnung. Meine Mitschwestern und ich sind uns sehr bewusst, dass wir im Vergleich sehr viel Wohnraum haben und nicht allein sein zu müssen. Wir können nur erahnen, wie es vielen Menschen im Moment geht. Im Formationsprozess zur Ordensfrau habe ich etwas kennengelernt, was die Frage vielleicht teilweise beantwortet. In der Vita des Hl. Benedikt schreibt Gregor der Große dem Ordensvater die Eigenschaft „habitare secum“ zu. „Habitare secum“ bedeutet: bei sich selber bzw. in sich selber wohnen unter den Augen Gottes. Es beschreibt eine geistliche Übung, die mir persönlich sehr wertvoll ist, weil sie mich zu einer größeren Vertrautheit mit mir selbst, zu einer inneren Weite und zu Gott führt.
Über die Autorin
Sr. Josefine Schwitalla OSB hat gerade ihre zeitliche Profess bei den Benediktinerinnen vom heiligsten Sakrament in Osnabrück gefeiert. Sie liebt die Natur, arbeitet in ihrer Freizeit gern im Klostergarten und hegt und pflegt (nicht nur dort) ihre intensive Beziehung zu Gottes Schöpfung.
Ich vergegenwärtige mir immer wieder das Hier und Jetzt, mache mir bewusst, was ich in diesem Moment denke, fühle oder tue. Dabei gibt es kein Tabu, kein „Ich sollte jetzt eigentlich dieses oder jenes empfinden“. Ich schaue ehrlich auf mich, nehme wahr, was ist, ohne mich zu bewerten, und frage in schwierigen Situationen nüchtern, ob gerade wirklich das Offensichtliche das Problem ist oder etwas anderes dahinter steckt.
All diese Gedanken schreibe ich in ein Tagebuch. Diese Aufzeichnungen helfen mir, nach und nach meine Verhaltens- und Denkmuster zu erkennen und herauszufinden was mir in welchen Situationen gut tut oder auch nicht. Tut es mir z.B. gut, mehrfach am Tag Nachrichten zu schauen und jede Stunde die neuesten Corona-Fallzahlen der John Hopkins Universität zu recherchieren? Nein? Dann lass es sein und tu dir etwas Gutes!
All das nehme ich mit ins Gebet, trete vor Gott, teile Freude und Kummer und erfahre in meiner persönlichen (und räumlichen) Begrenztheit seine Nähe und Weite. Äußerlich bin ich in einem Raum – innerlich unterwegs zu mir und zu Gott.