Gründonnerstag

Füße im Wasser
Bild: unsplash.com, Nirzar Pangarkar

Jesus, der wusste, dass ihm der Vater alles in die Hand gegeben hatte und dass er von Gott gekommen war und zu Gott zurückkehrte, stand vom Mahl auf, legte sein Gewand ab und umgürtete sich mit einem Leinentuch. Dann goss er Wasser in eine Schüssel und begann, den Jüngern die Füße zu waschen und mit dem Leinentuch abzutrocknen, mit dem er umgürtet war. Als er ihnen die Füße gewaschen, sein Gewand wieder angelegt und Platz genommen hatte, sagte er zu ihnen: Begreift ihr, was ich an euch getan habe? Ihr sagt zu mir Meister und Herr und ihr nennt mich mit Recht so; denn ich bin es. Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.

Johannes 13,3-5,12-15

Am Gründonnerstag erinnern sich Christen an das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern. Die traditionelle Fußwaschung im Gottesdienst an diesem Tag lädt ein, dem Beispiel Jesu im Dienst am Nächsten zu folgen. Doch wie fühlt es sich eigentlich an, völlig Fremden die Füße zu waschen? Davon berichtet Bischof Franz-Josef Bode in einem Blogbeitrag:

Jedes Jahr neu berührt mich eine Zeichenhandlung in der abendlichen Liturgie des Gründonnerstags. Von der Zeit Jesu an hat es die Menschen beeindruckt: die Fußwaschung. Die völlig unerwartete Geste Jesu nach dem entscheidenden Mahl, bei dem er sich selbst anbietet als lebendiges Brot und als kostbarer Wein. Seine ganze Hingabe bis zur bitteren Neige kleidet er in dieses Zeichen, in das Zeichen des Mahles: alltägliche Nahrung, festliche Freude und tiefe Gemeinschaft sollen der Ausweis seiner Gegenwart bleiben, auch wenn er sein irdisches Leben vollendet hat.
 Und er setzt das Zeichen der Fußwaschung hinzu, um nachhaltig deutlich zu machen, was der Apostel Paulus im Brief an die Philipper in einem ganz frühen Hymnus aufgreift: „Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich“ (Phil 2,6). Sein Weg ist nicht die Herrschaft, sondern der Dienst: ,Begreift ihr, was ich da tue? Ihr sollt es auch weiter so tun in eurem Lebensstil, in eurem Umgang mit Macht und Autorität, in eurer familiären und öffentlichen Umgebung.‘
Wenn ich dann als Bischof – in der Nachahmung Christi – in der Liturgie des Gründonnerstags mein Gewand ablege und eine Leinenschürze umbinde, wird mir bewusst, dass diese Schürze genauso wesentlich zu meinem Amt gehört wie die Stola, das Zeichen des priesterlichen Dienstes. Und wenn ich mich – nicht ohne Anstrengung – mehrmals niederknie und die Füße so verschiedener Menschen umgreife und sie wasche, dann kommen mir blitzartig die Geschichten und Erfahrungen dieser Menschen in den Sinn, deren Füße so viel von ihren jungen oder alten, ihren leichten oder schweren Lebenswegen sagen.

Weitere Infos

Gemeinsam mit vier anderen Autorinnen und Autoren bloggt Bischof Franz-Josef Bode regelmäßig auf der Internetseite des Bistums Osnabrück. Weitere Infos und Artikel gibt es hier:
bistum-osnabrueck.de/blog

Vorher habe ich bei einem kleinen Mahl im Bischofshaus von diesen Geschichten gehört: verschiedene Generationen und Berufe; Flüchtlinge, die unsägliche Wege hinter sich haben; Kranke und Gesunde; und in diesem Jahr Menschen aus ganz Europa. Inmitten des zu zerbrechen drohenden Europas erinnern sie daran, dass dessen Grundlage der Geist Christi ist, und das ist der Geist der Fußwaschung, der Dienst aneinander. Nur in diesem Sinn dürfen wir von einem christlichen Abendland reden.
Füße sagen viel über das Leben, sie müssen viel tragen und aushalten. Und sie sind hoch empfindlich. „Soweit die Füße tragen“ geht ein Leben durch Höhen und Tiefen dahin. – Wie oft waschen wir uns lieber gegenseitig den Kopf?! Nein, gehen wir lieber miteinander auf Augenhöhe, noch besser auf Fußhöhe.
Kein anderer Abend im Kirchenjahr entlässt mich so nachdenklich in die Nacht…