Diskussion über priesterliches Leben

Plakat Priesterleben heute

„Wir müssen reden!“ – So war eine Veranstaltung des Bistums Osnabrück am 4. März überschrieben. Anlass zum Gespräch gibt es genug. Missbrauchskrise, Kirchenkrise, Glaubenskrise – alles Dinge, die am Selbstbild des Priesters kratzen. Deshalb gab es im Rahmen der Gesprächsreihe „synod_os“, angelehnt an den „Synodalen Weg“ der Kirche in Deutschland, diesen Abend, der sich mit priesterlichen Lebensformen befasste. Etwa 140 Personen kamen dabei online zusammen.   

Mit Brot haben Priester fast jeden Tag zu tun. Schließlich stehen sie am Altar und durch ihr Tun wandeln sich, so der Glaube, Brot und Wein zu Leib und Blut von Jesus Christus. Die Forderung, Priester mögen doch „kleinere Brötchen backen“, ist also an einem Abend, an dem es um das priesterliche Leben geht, nicht so weit hergeholt. Andrea Grote, Gemeindereferentin in St. Raphael in Bremen, wollte damit sagen, sie wünsche sich von den Priestern in Zukunft weniger erhobenen Zeigefinger und mehr, dass sie den Menschen zuhören.

Das war eines der Bilder, die an diesem Abend benutzt wurden. Es ging darum auszuloten, wohin sich das priesterliche Leben in Zukunft entwickelt. Gründe dafür gibt es genügend. Wie den Priestermangel. „Wir haben fast keine Nachfolger mehr“, sagte Bischof Franz-Josef Bode während der digitalen Tagung, die im Rahmen der Reihe „synod_os“ stattfand. Die Impulse der Veranstaltung würden in das geplante Zukunftsgespräch des Bistums Osnabrück, in den Synodalen Weg und in den Dialog mit dem Papst eingebracht, versicherte der Bischof. Themen wie Zölibat und Priestertum der Frau müssten „freimütig und demütig“ angesprochen werden.

Freimütig sprachen denn auch die Referentinnen und Referenten des Abends, wie Pfarrer Meinolf Winzeler, Spiritual am Gertrudenstift in Rheine. Als Priester habe er Kirche als Ermöglicherin und Blockiererin gleichzeitig erlebt: Sie habe in seine Person viel investiert – dafür sei er dankbar. Aber sie verhindere auch einiges. Es gäbe ohne den Pflichtzölibat viele weitere Berufungen. Kirche lerne ungern hinzu, beziehe die Wissenschaft nicht mit ein. Als Beispiel nannte er hier das Feld der Sexualität. Es gebe eine „standhafte, verlogene und sture Verweigerung“ der Kirchenspitze, Homosexualität zu akzeptieren.

Der Leiter des Priesterseminars im Bistum Münster, Hartmut Niehues, sagte, er habe kein Problem damit, das Weiheamt des Priesters für Verheiratete und Frauen zu öffnen. Es sei aber in jedem Fall wichtig, die Gefahr der Selbstüberhöhung einzudämmen und die Macht besser zu verteilen und zu kontrollieren.

Priester mit Hostien
Ein Priester bei der Feier der Eucharistie.

Aber auch Abseits der Fragen von Pflichtzölibat und Frauenpriestertum gab es Themen und Fragen. Wozu sind Priester denn noch da? Pater Franz Richardt aus der Bildungsstätte Haus Ohrbeck sagte dazu, sie müssten „die heilige Tiefe des Lebens der Menschen mit den Geschichten der Bibel in Verbindung bringen“. Marc Weber, Pfarrer in Bremen, wünschte sich, dass Priester in Zukunft in eine Gemeinschaft eingebunden sind und nicht allein als Singles im Pfarrhaus sitzen. Und wo müssten  Priester hier in Deutschland dazu lernen? Thampi Thomas Panangatu, indischstämmiger Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft Ostercappeln, sagte darauf: Bei Spontanität und Flexibilität. Wenn er einmal mit seinen deutschen Brüdern sprechen wolle, bekomme er einen Termin in zwei Wochen.

Von ihren Erfahrungen berichtet auch die Psychologin Ulrike Horstmann von der Magdalenen-Klinik in Georgsmarienhütte. Immer mehr Priester fühlten sich einsam und überfordert. Grund dafür sei unter anderem das Management von immer größeren Gemeinden. Andere pflegten heimliche, auch homosexuelle Beziehungen.

Weitere Infos

  • Der Priesterrat des Bistums Osnabrück hat einen Leitfaden zum Thema erarbeitet. Diesen finden Sie hier zum Herunterladen: Priesterliche Existenz – Orientierungstext und Workbook
  • Mehr Berichte und Informationen zu synod_os gibt es hier.
  • Zur Internetseite des Synodalen Weges der katholischen Kirche in Deutschland geht es hier
  • Interview mit Dirk Meyer, Leiter des Priesterseminars des Bistums Osnabrück

Michaela Labudda, Vorsitzende Bundesverband der Gemeindereferent*innen, bescheinigte dem Bistum Osnabrück, dass es hier ein „hohes Realitätsbewusstsein“ gebe. Der Abend habe aber auch gezeigt, dass man vor der Konkretisierung flüchte – aber dieses Problem gebe es auch im Forum „Priesterliche Existenz“ des Synodalen Weges.  

Das Bild der „kleinen Brötchen“, nahm Hartmut Niehus am Schluss der Veranstaltung wieder auf: Nicht nur die Priester, auch die Kirche müsse kleinere Brötchen backen und wegkommen von ihrem Selbstverständnis als große Institution. Sie müsse zurückhaltend sein, nicht besserwisserisch.