Zeit, dass sich was dreht

Hand hält Windmühle
Bild: AdobeStock.com, graja

„Fünf Orte – ein Weg“ – Ich bin am vergangenen Freitag bei der Regionalkonferenzen des Synodalen Weges in Dortmund mit dabei gewesen, gemeinsam mit den Delegierten aus Osnabrück: Weihbischof Johannes Wübbe, Katharina Abeln, Propst Stecker und Ansgar Maul. Unser Bischof hat in Ludwigshafen das Präsidium vertreten und Daniela Engelhard in Berlin fürs Frauenforum gesprochen.

Eine meiner Schwestern hat den Bericht am Abend in der Tagesschau gesehen und fragt am Telefon neugierig nach: „Hey, was habt ihr denn jetzt zum Frauenthema entschieden?“ Ich seufze. Wieder mal ist es in der Kirche komplizierter. Ich erkläre: Dass noch nichts entschieden werden sollte, weil das erst wieder geht, wenn die gesamte Synodalversammlung an einem Ort tagen kann, dass wir außer über das Frauenthema auch über die Sexualmoral debattiert haben, dass dies erst Arbeitspapiere gewesen sind und für das Frauenthema nur ein Teilstück der gesamten Arbeit zur Diskussion stand, dass es eine überragende Mehrheit für Veränderungen gegeben habe – zumindest bei all jenen, die sich zu Wort gemeldet haben …

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Geduldig hört sie mir zu. Dann fragt sie vorsichtig: „Sag mal, ist es diesen ganzen Einsatz wert?“ Damit trifft sie mitten ins Herz. Wieviel Lebenszeit und Arbeitsenergie steckt in den Papieren, die die Berater*innen vorlegen, für unser Forum „Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“ kann ich ein Lied davon singen! „Darauf gibt‘s eine schnelle und eine ausführliche Antwort“, sage ich. „Ich will beide hören“, sagt sie tapfer. „Die schnelle: Ja! Es ist diesen ganzen Einsatz wert, weil viele gute Leute derzeit das Beste für die Kirche wollen.“ „Und die ausführliche?“, fragt sie. „Nochmal: Ja, aber es ist harte Arbeit! Weil mit den vielen guten Leuten eben völlig verschiedene Hoffnungen, Energien, Ansichten, Lebensgeschichten und Glaubenserfahrungen zusammenkommen. In Dortmund war spürbar: Hier gibt es viel Kritik, und zwar an der derzeitigen Behäbigkeit der katholischen Kirche. Schärfer sollen wir formulieren, klarer, weitsichtiger, zukunftsfähiger. Es gibt ein großes Drängen auf Veränderungen hin. Mehr als einmal habe ich gedacht, wenn es nur so einfach wäre!“ „Aber vielleicht ist es auch einfach“, meint meine Schwester nachdenklich. „Wenn ihr doch alle wollt, dass sich was dreht?!“

Über die Autorin

Martina Kreidler-Kos ist zuständig für die Ehe- und Familienseelsorge. Natürlich liegen ihr diese Themen besonders am Herzen – aber nicht nur. Sie hat im Alltag ein wachsames Auge. Denn dort trifft sie auf große Dinge oder nur scheinbar kleine Nebensächlichkeiten.

Eigentlich hat sie recht, zumindest, wenn man das Votum dieser Regionalversammlung ernst nimmt. Man könnte sagen, hier stecken ganz viele Menschen Lebenszeit und Arbeitsenergie in eine Veränderung der Kirche, weil sie sie ihnen wichtig ist. Weil sie vom Evangelium beseelt sind. Weil die Kirche ihre Heimat ist und sie diese Heimat vielen anderen wünschen. Zu Beginn zitierte der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, eine U 30-Delegierte: „In unserer Kritik steckt ganz viel Liebe.“ Beides war in Dortmund spürbar.

 

7 Kommentare zu “Zeit, dass sich was dreht

  1. Liebe Frau Kreidler-Kos,
    wenn Sie wüssten, wie viel Liebe ich in den Jahren meines priesterlichen Dienstes in die Kirche investiert habe. Der Weg in eine neue und andere Kirche tut mir weh und macht mich einsam.
    Würde unser Bistum mir auch Raum geben, meine Erfahrungen und Einschätzungen so öffentlich zu machen, wie Sie es können?
    Herzlichen Gruß aus meinem Urlaub in Bayern!
    Ansgar Lüttel

    1. Lieber Herr Domdechant,
      es ist gut, wenn Menschen, die die Kirche lieben, aber vieles unterschiedlich sehen, wahrnehmen und erfahren haben, miteinander in den Dialog gehen. Vielleicht finden wir eine Form des intensiven Austausches, wenn Sie aus dem Urlaub zurück sind? Ich würde mich freuen!
      Mit herzlichem Gruß,
      Martina Kreidler-Kos

      1. Sehr geehrte Frau Kreidler-Kos,
        wie ich oben bereits schrieb, möchte ich Herrn Domdechant Lüttel ausdrücklich zustimmen. Ich bin kein Priester, bin aber mein ganzes Leben lang mit der Kirche verbunden, lebe meinen Glauben in und mit ihr. Was ich seit einiger Zeit erlebe, tut mir sehr weh und lässt mich innerlich immer mehr von der Kirche verabschieden. Auch in diesem Punkt möchte ich Herrn Domdechant Lüttel zustimmen: Ich fühle mich mehr und mehr einsam und mit meiner (durchaus konservativen, aber nicht extremen Sicht) eigentlich immer weniger willkommen. Der synodale Weg bzw. dessen Mitglieder bilden meiner Meinung nach nicht die Kirche in Deutschland ab, sondern sind eine handverlesene Gruppe von reformeifrigen Menschen, die eine andere, neue Kirche schaffen wollen, die sich ganz bewusst von Rom absetzen wollen. Ich habe niemals die Kirche oder deren Sexualmoral oder deren Gebote als einengend oder verletzend erlebt. Ich habe die Kirche als lebendige Gemeinschaft, als Heimat erlebt, in der Frauen und Männer gleichermaßen ihren Platz haben, mit guten und ehrlichen Priester, die ihr Amt Tag und Nacht gelebt und nicht nur als Beruf gesehen haben. Sie haben ihre Gemeinde geliebt und sich dafür verzehrt. Frauenpriestertum, Abschaffung des Zölibates usw., all das waren keine Themen. Mein Leben lang habe auch ich viel Liebe in die Kirche investiert, angefangen als kleiner Junge als Hirte beim Krippenspiel, Messdiener, Messdienerausbilder, Lektor, Chorsänger, Organist, Pfarrgemeinderat, Kirchenvorstand, Wallfahrten usw. Ich tue es heute noch. Der Synodale Weg sagt uns und mir jetzt aber, dass das alles irgendwie nicht richtig war, dass etwas Neues hermuss, dass sich etwas drehen muss, weil ja alles Bestehende irgendwie falsch ist (zumindest fasse ich es so auf). Die Kirche muss umgekrempelt werden, so, dass es allen passt. Was ist die Kirche dann? Ein Kuschelverein, der nicht Sauerteig ist, sondern es allen recht macht. Ist die Kirche denn dann noch der mystische Leib Christi? Oder nur ein Sozialverein mit christlichem Anstrich? Glauben Sie denn im Ernst, dass die Kirchen voll sind, dass alles neu erblüht und alles plötzlich lebendig ist, wenn alle Reformforderungen umgesetzt werden? Ein Blick in die protestantischen Kirchen belehrt uns da eines Besseren. Und dann wird immer wieder die ewige Mär wiederholt, dass die Frau in der Kirche nur putzen darf.
        Noch vor kurzer Zeit war ich der Meinung niemals aus der katholischen Kirche austreten zu können. Der Gedanke erschien mir schlicht als absurd. Inzwischen habe ich beinahe resigniert; ich denke verstärkt darüber nach, alle meine Aktivitäten einzustellen und auszutreten. Meine Meinung ist nicht gefragt, weil sie nicht passt und hat wahrscheinlich in der (deutschen) Kirche auch keine Zukunft mehr. Oder doch?
        Vieles könnte ich noch schreiben, aber ich belasse es dabei.
        Mit freundlichem Gruß.
        Klaus Kraftschick

    2. Sehr geehrter Herr Domdechant Msgr. Lüttel,
      vielen Dank für Ihren Kommentar. Ihre Worte sprechen mir aus der Seele. Ich habe das in einem Kommentar weiter unten beschrieben.
      Mit freundlichem Gruß.
      Klaus Kraftschick

      1. Vielen Dank, Herr Kraftschick.
        Es ist nicht leicht, die vielen Stimmen in der Kirche zusammenzuhalten. Beten wir um einen guten gesegneten Weg.
        Freundliche Grüße
        A. Lüttel

  2. Zeit, dass sich was dreht
    Die Aktionswoche „Frauen verkünden das Wort“ finde ich grossartig. Yes, we can!
    Mag sein, dass es als Ergänzung überlegenswert ist auch einmal über eine Aktionswoche „Jugend verkündet das Wort“ nachzudenken. In meinen österlichen Augen auf jeden Fall ein neuer Weg der unbedingt ausprobiert werden sollte.

  3. Ich erinnere mich an eine Predigt vom verstorbenen Bischof Dr. Josef Homeyer im Hildesheimer Dom. Er erzählte von seiner Priesterweihe 1958, am Vorabend des 2. Vatikanums. Für ihn und seine Mitbrüder war der Beginn des Konzils ein großes Ärgernis; sie sahen keinen Sinn darin, denn sie liebten die Kirche, so wie sie war und dieser real existierenden Kirche wollten sie als junge Priester dienen.
    Homeyer erinnerte sich, wie schmerzlich es war, die Themen des Konzils als reformwürdig anzuerkennen, um dann im Laufe der Zeit zu erkennen, das Konzil zerstört nicht „seine“ Kirche, sondern legt frei, was an ihr so liebenswert ist.
    An diesem schmerzlichen Prozess, dass Liebgewordenes sich im Laufe der Zeit verändern wird, kommen wir wohl nicht vorbei, wenn wir an einen lebendigen Gott glauben. Denn Leben heißt Veränderung.

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